Süddeutsche Zeitung

Ein Anruf bei ...:Katharina Bautz, "Kelly Family"-Fan

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Die Kelly Family kehrt an diesem Wochenende auf die Bühne zurück: Die drei Konzerte in Dortmund sind alle ausverkauft. Wie kann das sein? Erklärungsversuche eines eingefleischten Fans.

Interview von Friederike Zoe Grasshoff

Köln, 1995: Kaum bewegt sich das Hausboot, kreischen die Kinder am Rheinufer. Auf dem Boot wohnen auch Kinder, die Kelly Family, Großfamilien-Band, betrieben von neun Kelly-Kindern und Vater Dan. Als der 2002 stirbt, löst sich die Band im Laufe der Jahre peu à peu auf, die Geschwister arbeiten solo weiter. 2017 die Rückkehr, wenn auch nicht mit allen Kellys; an diesem Wochenende gibt die Band drei Comeback-Konzerte in Dortmund, alle sind ausverkauft. Erklärungsversuche eines Fans.

SZ: Die Kellys, das waren lange Haare, Rüschenblusen, Engel-Songs, Neunziger-Kitsch, Massenhysterie. Kann und will man diese Zeit wieder aufleben lassen?

Katharina Bautz: Nein, diesen ganzen Hype von damals will ich nicht zurück. Ich habe auch keine Lust, mich tagelang anzustellen, ich habe eine Sitzplatzkarte.

Sie sind schon immer Kelly-Fan?

Das ging im Kindergarten los. Ich bin da reingewachsen, weil meine Mama Fan war. Erst fand ich die Kellys nicht so toll, weil die Lieder immer bei uns im Auto liefen, "First Time" etwa, das hat genervt.

Und "Fell In Love With An Alien"?

Am besten fand ich "Why Why Why". Mit acht bin ich aufs erste Konzert, als Teenie habe ich 'ne Weile lieber Green Day gehört.

Sie waren also nicht völlig am Ende, als die Band sich auflöste?

Gar nicht. Als all die Kelly-Kinder dann später mit ihren Solo-Projekten auftraten, bin ich aber wieder durch ganz Deutschland gefahren, um sie zu sehen. Dieses Jahr werde ich noch meine 50 Konzerte voll machen.

Aus heutiger Sicht wirkt der Hype irrsinnig: Jungen kurz vor dem Stimmbruch, alle Geschwister haben sich total lieb. Was finden Sie so toll an denen?

Dass das alles eigene Charaktere sind - und trotzdem eine Familie. Ich habe mal einen Artikel gelesen, in dem stand, dass der typische Kelly-Fan Scheidungs- und Einzelkind ist. Ich bin vermutlich ein Klischee-Kelly-Fan, ich bin Einzelkind.

Ja, die friedliche Büllerbü-Familie. Um die Musik ging es gar nicht so sehr?

Als Kind fand ich einfach die Konzerte und diese bunten Kleider toll. Eine meiner besten Freundinnen habe ich auf einem Konzert kennengelernt. Heute ist mir die Musik sehr wichtig, nicht nur aus Nostalgie.

Die Comeback-Konzerte waren sofort ausverkauft. Dabei passen die Kellys gar nicht in diese glatten Photoshop-Zeiten. Gerade heute wollen die Menschen ein bisschen Friede-Freude-Eierkuchen haben - und nicht immer nur Nordkorea, Trump und Rechtsruck.

Eine Hippie-Band als Weltflucht?

Die sind einfach authentisch, echt. Die könnten mein Nachbar sein, mein Bruder.

Die Kellys wurden auch mit Häme überschüttet, manch einer nannte sie "singende Altkleidersammlung".

Man muss die Musik ja nicht gut finden, aber dann verbringt man doch nicht auch noch Zeit damit, sie schlechtzumachen.

Na ja, dieses Hausboot, diese ...

... die waren halt anders! Heute versucht doch jeder Hipster anders zu sein und rennt auf den Flohmarkt. Die Kellys waren ihrer Zeit weit voraus.

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Quelle:
SZ vom 19.05.2017
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