Süddeutsche Zeitung

Storch in Brandenburg:"So gewalttätig ist der gar nicht"

Lesezeit: 2 min

Problemstorch Ronny ist zurück. Und mit ihm die Reporter. Deshalb bitten die Glambecker jetzt für jedes Interview zur Kasse. Nachfrage bei der Ortsvorsteherin und ihrem Mann.

Interview von Martin Zips

128 Einwohner und einen "Problemstorch" hat Glambeck, Ortsteil der Gemeinde Löwenberger Land (Brandenburg). Storch Ronny wurde im vergangenen Jahr wegen seiner Auto-Attacken bundesweit bekannt, Medienvertreter überrannten das Dorf. Im Herbst verschwand Ronny, nun ist er zurück. Da die Glambecker keine Lust mehr auf Reporterbesuche haben und neue Geräte für den Spielplatz brauchen, geben sie Interviews nur noch gegen Bezahlung. Ein Anruf bei Horst Blase und seiner Frau Hilde Peltzer-Blase, Ex-Marketing-Ausbilderin und heutige Ortsvorsteherin.

SZ: Herr Blase. Gut, dass wir jetzt Sie erreichen. Ihre Frau möchte von uns 50 Euro für das Gespräch haben.

Horst Blase: Bei Bedarf sogar gerne mehr.

Das geht aber nicht. Das ist unseriös.

Ach, Ihre Kollegen sind unseriös?

Was? Die haben bezahlt?

Und ob. Nur einer hat protestiert: "Erpressung." Sehe ich aber anders. Ich erzähle Ihnen jetzt freiwillig was vom Storch, und Sie geben uns freiwillig eine Spende für den Kinderspielplatz.

Kommt nicht infrage. Liegt es denn so im Argen, bei Ihnen in Glambeck?

Nischt gibt es. Keine Gaststätte. Keinen Laden. Wir haben nur den Kinderspielplatz und die Kirche. Zweimal wöchentlich kommt ein fahrender Supermarkt vorbei. Und doch ist es ein Paradies. Gute Luft. Schöne Landschaft. Und ein Storch.

Ein gewalttätiger Storch.

Ach, so gewalttätig ist der gar nicht. Na ja, ein bisschen vielleicht.

Jetzt erzählen Sie doch mal!

Na, der Storch hat hier halt jemandem mal ein paar Beulen ins Auto gehackt. Gut, da würd ich sagen: Dann stellt man sein Auto eben in die Garage oder unter den Car-port. Aber dann wurde ein Video von dem Angriff an die Boulevardpresse vertickt. So kam das Thema in die Welt. Moment. Jetzt kommt gerade meine Frau, die Ortsvorsteherin. Ich geb Sie mal weiter.

Hilde Peltzer-Blase: Guten Tag. Hat mein Mann mit Ihnen schon das Finanzielle geklärt?

Ich dachte, das war nur ein Spaß.

Nö. Zehn Kamerateams gleichzeitig auf der Dorfstraße waren für uns auch kein Spaß. Sie kriegen natürlich eine Spendenquittung.

Wie viel Geld haben Sie mit den Interviews denn schon eingenommen?

Noch keine 1000 Euro. Mit dem Geld von ZDF und der Zeit haben wir uns aber schon eine stationäre Tischtennisplatte gekauft. Hinzu kommen soll nun ein zweites Fußballtor und anderes Spielgerät.

Aber wir können doch nicht ...

Hören Sie, die Leute hier waren schon immer ein bisschen renitent. Vor 300 Jahren wurde unser Dorf von Schweizer Exilanten gegründet. Die haben in der Kirche mal einen Abendmahlkelch geklaut und eine Glocke. Hier brauchte es schon immer durchsetzungsfähige Ortsvorsteher. Und das mit der Interview-Gebühr ist eben jetzt so von der Gemeinde beschlossen worden.

Haben Sie den Storch womöglich sogar eigens dafür abgerichtet, um mit ihm Geld zu kassieren?

Ach was. Der ist auch schon viel ruhiger geworden. Wie gesagt: Es geht uns nur um den Spielplatz. Wenn Sie möchten, können Sie das Geld gerne auch privat auf das Konto der Gemeinde überweisen. Stichwort: Ronny. Ich geb Ihnen die Kontonummer ...

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Quelle:
SZ vom 17.05.2017
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