Süddeutsche Zeitung

Drittes Geschlecht:Es ist divers!

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Eltern können ihr Neugeborenes künftig als "divers" ins Geburtenregister eintragen lassen, wenn es weder eindeutig als Mädchen noch eindeutig als Junge identifiziert werden kann. Zuvor war nur ein Eintrag ohne Geschlechtsangabe in diesen Fällen möglich. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch einen entsprechenden Gesetzentwurf. Damit reagierte die große Koalition auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Oktober 2017. Bis Ende 2018 muss die Gesetzesänderung umgesetzt sein.

Intersexuelle kämpfen schon lange für ihre Anerkennung. Die Verfassungsrichter gaben ihnen Recht: Die geltende Regelung wurde als Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht und das Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes gewertet. Wie viele Menschen davon betroffen sind, ist nicht bekannt, unterschiedliche Quellen berichten von 0,2 bis zu einem Prozent der Bevölkerung. Sie berichten häufig von Mobbing und Ausgrenzung.

Die Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) sagte dazu: "Es ist überfällig, dass wir das Personenstandsgesetz jetzt endlich modernisieren." Mit dem zusätzlichen Eintrag "divers" werde Menschen, die sich nicht einem Geschlecht zugehörig fühlen, ein Stück Würde und positive Identität gegeben. Um die Bezeichnung des dritten Geschlechts hatte es zwischen den Koalitionsparteien zunächst Uneinigkeiten gegeben. Innenminister Horst Seehofer von der CSU hatte zunächst vorgeschlagen, intersexuelle Menschen könnten sich in der Kategorie "anderes" eintragen lassen - eine Empfehlung des Ethikrates. Im Justiz- und Familienministerium hielt man diese Bezeichnung aber für herabsetzend.

Abgeordnete der Grünen stoßen sich an ganz anderen Stellen des Gesetzentwurfes: Dort heißt es, wer sein Geschlecht im Geburtenregister zu "divers" ändern wolle, müsse seine Intersexualität durch ein ärztliches Gutachten belegen. Die Grünen werfen der Bundesregierung nun vor, die Diskriminierung von Trans- und Intersexuellen mit der Neuregelung fortzuschreiben. Sven Lehmann und Monika Lazar forderten, die Eintragung als "divers" müsse eine "selbstbestimmte Entscheidung werden, die allen offen steht". Außerdem sollten "geschlechtszuweisenden Operationen und Hormonbehandlungen an wehrlosen Säuglingen ohne medizinische Notwendigkeit" verboten werden.

Die Grünen verweisen damit auf das Transsexuellengesetz, das auch nach Meinung von Familienministerin Franziska Giffey (SPD) reformiert werden muss. Sie sagte, es müsse durch ein modernes Gesetz zur Anerkennung und Stärkung von geschlechtlicher Vielfalt ersetzt werden. Damit sollten auch Zwangssachgutachten über die geschlechtliche Identität von Menschen künftig nicht mehr zulässig sein.

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