Süddeutsche Zeitung

Debatte um Legalisierung von Marihuana:Jesus und der Joint

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Die Linke will das Kiffen in speziellen "Cannabis-Clubs" legalisieren. Für die Anhänger der vermeintlich weichen Droge ein längst überfälliger Schritt. Denn Alkohol und Tabak - die ebenfalls süchtig machen können - sind hierzulande erlaubt. Doch es gibt gute Argumente gegen eine Legalisierung von Marihuana und eine simple, kulturhistorische Erklärung für die vermeintliche Ungleichbehandlung der verschiedenen Suchtstoffe.

Matthias Drobinski

Es würde weder die Welt untergehen noch Deutschland im Drogensumpf versinken, gäbe es, wie die Linken wünschen, bald Cannabis-Clubs im Land, wo Hasch legal konsumiert werden kann. Haschisch ist nicht gefährlicher als Alkohol; beides kann man genießen, an beidem kann man zugrunde gehen.

Es gibt gute Gründe, Menschen nicht zu bestrafen, wenn sie mit ein paar Gramm Hasch in der Tasche erwischt werden. Es gibt ebenso gute Gründe, den Wirkstoff THC häufiger in der Schmerztherapie anzuwenden. Es ist darüber hinaus eine Illusion, dass ein Hasch-Verbot den Hasch-Konsum verhindert. Noch nie hat Prohibition ein Rauschmittel beseitigt; wahrscheinlich wäre auch ein Gemeinwesen, das in völliger Nüchternheit zusammenlebte, nicht auszuhalten. Dennoch: Es wäre falsch, den Cannabis-Konsum freizugeben.

Cannabis als Einstieg zur Sucht

Hasch ist eben nicht ungefährlich, schon geringe Mengen machen den Konsumenten verkehrsuntauglich. In der Anhörung zum Antrag der Linken im Gesundheitsausschuss sagte ein Sachverständiger, seit 2004 gehe die Anzahl der Cannabis-Konsumenten im Alter unter 25 zurück, nicht aber die Anzahl derjenigen mit problematischem Gebrauch; das stützt die These von Cannabis als Einstieg zur Sucht.

In den Niederlanden und in Spanien, wo es die von den Linken vorgeschlagenen Cannabis-Clubs bereits gibt, ist der Anteil der Hasch-Konsumenten höher als in anderen Ländern. Die Freigabe legalisiert also nicht nur jene, die bislang heimlich ihren Joint rauchten. Sie schafft neue Nachfrage.

Die grundsätzliche Frage aber heißt: Will man das? Ist es Ausdruck der Liberalität eines Landes, wenn künftig nicht mehr nur die Alkohol- und Zigarettenabhängigen, sondern auch die Cannabis-Süchtigen legal tun, was sie nicht mehr lassen können?

Ist es nicht. So wie es auch keine Frage der Gerechtigkeit ist, dass der Alkohol seit ein paar tausend, der Tabak seit ein paar hundert Jahren in Deutschland inkulturiert sind, der Hanf aber nicht. Es ist Pech für die Freunde des gepflegten Joints, dass Jesus Wasser in Wein und nicht trockenes Gras in schwarzen Afghanen wandelte. Nicht weniger, nicht mehr.

Es geht nicht die Welt unter, wenn Hasch in Grenzen legalisiert wird. Es steht aber auch nicht die Freiheit im Land auf dem Spiel, wenn es verboten bleibt. Das sollte die - nüchterne - Erkenntnis der Debatte sein, die immer noch so aufgeregt geführt wird, als stünden sich langhaarige Kommunarden und spießige Nüchternheitsprediger mit ihren Weltentwürfen gegenüber.

Das wahre Problem liegt ohnehin woanders. Darin, dass es die Sucht fördert, wenn das Glück gekauft werden muss und Belohnung über Konsum funktioniert, wenn Lockerheit nur durch den Alkohol kommt, Beruhigung durch die Zigarette und der Erfolg durchs Computerspiel. Das ist die kollektive Suchtgefahr. Der Streit um den Joint berührt nur einen winzigen Teil davon.

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Quelle:
SZ vom 26.01.2012
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