Süddeutsche Zeitung

Nordhessen:LKA ermittelt nach Tod von Kasseler Regierungspräsident

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In der Nacht zum Sonntag ist Kassels Regierungspräsident Walter Lübcke (CDU) im Alter von 65 Jahren tot aufgefunden worden. Die Umstände seines Todes sind unklar. Das teilte ein Sprecher der hessischen CDU unter Berufung auf Lübckes Familie mit. Nun ermittelt das hessische Landeskriminalamt in der Sache.

Nach übereinstimmenden Medienberichten sei Lübcke mit einer Schusswunde am Kopf aufgefunden worden. Eine Waffe jedoch sei nicht gefunden worden. Fundort der Leiche sei laut Hessische/Niedersächsische Allgemeine der Garten des Politikers in seinem Wohnort Wolfhagen-Istha. Der Hessische Rundfunk berichtete, dass am Sonntag fast den ganzen Tag ein Polizeihubschrauber über dem Ort kreiste und das Gebiet um Lübckes Haus weiträumig abgesperrt worden sei.

Ein Sprecher des Landeskriminalamts wollte die Berichte am Sonntagabend nicht kommentieren und verwies auf die Staatsanwaltschaft Kassel. Am Montagnachmittag wollen Anklagebehörde und das hessisches Landeskriminalamt Einzelheiten über den Fall bekanntgeben.

Die CDU reagierte betroffen auf den unerwarteten Tod ihres langjährigen Funktionärs: "Wir sind tief bestürzt über den plötzlichen Tod unseres Freundes Walter Lübcke", erklärten der CDU-Landesvorsitzende, Ministerpräsident Volker Bouffier, und der hessische CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Bodenberg am Sonntag. In der CDU-Erklärung hieß es, als Regierungspräsident habe Lübcke "nie das klare Wort" gescheut. "Er war ein Brückenbauer, wie er besser nicht sein könnte."

Im Jahr 2015 hatte Lübcke mit seiner Unterstützung für die Unterbringung von Geflüchteten bundesweit Aufsehen erregt. Bei einer Bürgerversammlung hatte er unter anderem die Wichtigkeit der christlichen Werte für ein Zusammenleben in Deutschland betont. "Wer diese Werte nicht vertritt, kann dieses Land jederzeit verlassen, wenn er nicht einverstanden ist. Das ist die Freiheit eines jeden Deutschen." Auf diese Äußerung hin hatte Lübcke Hunderte verunglimpfende Emails bekommen und stand für kurze Zeit auch unter Personenschutz.

Die Drohungen seien einem Pressesprecher des Regierungspräsidiums zufolge bereits seit längerem "ausgetröpfelt". Aktuell hätte es keine politisch motivierten Drohungen gegen Lübcke mehr gegeben.

Der Ortsvorsteher von Lübckes Wohnort sagte der SZ, auch die etwa 900 Einwohner rätselten, wie der bisherige Regierungspräsident gestorben sei. Als aber immer mehr Polizei und auch das Landeskriminalamt aufgetaucht seien, habe man Schlimmes geahnt. Lübcke, der seit Jahrzehnten in Istha gewohnt habe, sei, wie auch anderswo in Nordhessen, beliebt gewesen, ob seiner zugreifenden und bodenständigen Art. Von irgendwelchen Feindschaften sei ihm persönlich nichts bekannt. "Das kann ich mir auch nur schwer vorstellen", fügte er hinzu. Über die Todesursache wollte er nicht spekulieren.

Lübcke wurde im nordhessischen Bad Wildungen geboren und promovierte in Wirtschaftswissenschaften in Kassel. Vor seiner Amtszeit als Regierungspräsident saß Lübcke von 1999 bis 2009 für die CDU im hessischen Landtag. Aus dem Regierungspräsidiums hieß es, in der Behörde herrschten "Fassungslosigkeit und Erschütterung über den Tod des beliebten und außerordentlich nahbaren" Chefs. Vor wenigen Tagen hatte Lübcke sein zehn-jähriges Dienstjubiläum gefeiert.

Walter Lübcke hinterlässt eine Frau und zwei erwachsene Söhne mit ihren Familien.

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