Süddeutsche Zeitung

Bergisch Gladbach:Kindesmissbrauchsfall weitet sich aus

Lesezeit: 1 min

Der Kindesmissbrauchsfall von Bergisch Gladbach nimmt nach Erkenntnissen der Ermittler immer größere Dimensionen an. Inzwischen hätten 153 Beamte unter Einsatzführung des Polizeipräsidiums Köln sechs namentlich feststehende Tatverdächtige und neun Opfer ermittelt, berichtete Innenminister Herbert Reul (CDU) am Donnerstag im Düsseldorfer Landtag. Die Opfer, die von ihren eigenen Vätern missbraucht worden sein sollen, seien zwischen einem und zehn Jahren alt.

Bei Durchsuchungen in insgesamt neun Wohnungen seien mindestens zehn Terabyte an Daten sichergestellt worden. Die Staatsanwaltschaft Köln hatte bereits von "beweiserheblichem, kinderpornografischem Material" gesprochen. Auf dem Handy eines Festgenommenen habe man etwa Chat-Gruppen gefunden, in denen bis zu 1800 Mitglieder kinderpornografische Inhalte austauschten.

Bei der Sicherstellung der Daten kamen mehrere Spürhunde zum Einsatz, denen die NRW-Polizei spezielle Fähigkeiten antrainiert hat: Sie können Datenträger erschnüffeln. Nach Sachsen ist die Polizeibehörde in NRW deutschlandweit erst die zweite, die mit solchen Hunden arbeitet. Die Ausbildung der Hunde war eine Reaktion auf den Kindesmissbrauch in Lügde.

Für Polizei-Seelsorger Dietrich Bredt-Dehnen ist das Ausmaß keine Überraschung. "Ich habe mich nicht gewundert", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Wir wissen aus vergangenen Ermittlungen, dass solche Verfahren sich wie eine Krake in weite Bereiche hineinziehen. Wir sehen immer nur die Spitze des Eisbergs." Bredt-Dehnen ist Leiter der evangelischen Seelsorge am Landeskriminalamt (LKA) NRW und betreut seit neun Jahren Beamte, die im Bereich Kinderpornografie ermitteln und mit schwerer sexualisierter Gewalt an Kindern konfrontiert sind.

Nicht nur im Darknet, sondern auch im frei zugänglichen Internet gebe es viele Foren, die auf den ersten Blick gar nichts mit Kinderpornografie zu tun hätten, sondern etwa harmlose Bilder von Kindern beim Turnen oder Schwimmwettbewerben zeigten. Mit entsprechenden Formulierungen verständige sich die Szene untereinander, erkenne sich und vernetze sich dann weiter. "Wir haben es mit einem massenhaften Problem zu tun, das alle Milieus unserer Gesellschaft betrifft", sagte der Experte. "Und wir haben noch nicht genügend technische Möglichkeiten, das wirklich in den Griff zu bekommen."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4673001
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/jana
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.