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London:Schnäppchen für "Beatles"-Fans

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In einer der teuersten Gegenden Londons steht eine Wohnung für 1,3 Millionen Euro zum Verkauf. Es ist aber nicht irgendein Apartment: Hier entstand ein berühmtes Cover.

Von Alexander Menden

Die Flood Street unweit der King's Road in Chelsea liegt in einer der teuersten Gegenden Londons. Es ist also zunächst einmal wenig bemerkenswert, dass dort derzeit eine Wohnung für umgerechnet 1,3 Millionen Euro angeboten wird. Der Makler weist darauf hin, das Objekt habe "fantastisches Licht, mit einem Fenster, das sich über die gesamte Breite der Wohnung erstreckt, besonders hohe Decken, ein Elternschlafzimmer im Zwischengeschoss und ein zweites Schlafzimmer neben dem Studio". Das Studio selbst biete "mit seinem feinen Wallnussholzboden ein hervorragendes Raumgefühl".

Tatsächlich dürften einige gutbetuchte Beatles-Fans die 84 Quadratmeter in einem orangefarbenen, zweistöckigen Backsteingebäude (Baujahr 1902) sogar als Schnäppchen empfinden. In Wohnungen wurde das Haus erst 2002 umgewandelt. Davor beherbergte es die Chelsea Manor Studios, in denen der Fotograf Michael Cooper in den Sechzigerjahren sein Atelier hatte. Hier entstand am 30. März 1967 eines der berühmtesten Plattencover überhaupt: Das Gruppenfoto für "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band".

Collage aus 58 Berühmtheiten

Die Beatles hatten für den Abend eine Aufnahmesession in den Abbey Road Studios geplant. Vorher fuhren sie in die Flood Street. Die vom Pop-Art-Künstler Peter Blake und seiner Frau Jann Haworth entworfene Collage aus 58 Berühmtheiten, die den Hintergrund bilden sollte, wartete dort bereits auf sie. Sie war in einwöchiger Arbeit im Fotoatelier aufgestellt worden. Die Band hatte Blake, Haworth und Cooper auf Anraten von Robert Fraser engagiert, einem Kunsthändler und Freund Paul McCartneys. Peter Blake erinnerte sich später an zahlreiche Gespräche über das Konzept, die er erst mit allen Bandmitgliedern, dann vor allem mit John Lennon und Paul McCartney in dessen Haus führte.

McCartneys ursprüngliche Idee sah ein gestelltes Bild mit einem Bürgermeister und Honoratioren vor, sowie eine große Uhr und eine Reihe von Porträts berühmter Persönlichkeiten an der Wand hinter den Beatles. Er hatte die anderen drei Bandmitglieder darum gebeten, eine Liste mit Vorschlägen für diese Porträts zu machen. Auf dem Zettel, den Blake schließlich bekam, stand eine extrem eklektische Ansammlung von Namen. Darunter waren der Komiker Lenny Bruce, der Satanist Aleister Crowley, die Schriftsteller James Joyce, Oscar Wilde und William Burroughs, der Komponist Karlheinz Stockhausen, der Maler René Magritte sowie Adolf Hitler und Karl Marx.

Hitler wurde gestrichen

Während Peter Blake das Konzept weiterentwickelte, kamen Namen hinzu (vor allem ein paar Frauen, darunter Mae West und Marilyn Monroe); einige, wie Hitler, wurden gestrichen. Auch Gandhi stand zwischenzeitlich auf der Liste, wurde aber von Sir Joseph Lockwood, Leiter der Plattenfirma EMI, abgelehnt, weil er glaubte, das Album werde dann in Indien als respektlos ausgelegt.

Von dem Glamour jener Session ist, den Maklerfotos nach zu urteilen, nicht viel übrig. Dafür ist die Wohnung voll möbliert und bietet LED-Beleuchtung in der Küche. Für die 3000 Pfund, welche die Produktion des bis dahin teuersten Plattencovers der Popgeschichte kostete, könnte man übrigens in Chelsea heute maximal für zwei Monate ein Zimmer mieten. Im Souterrain.

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