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Anti-Camorra-Autor wehrt sich:Mit Rap gegen die Mafia

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Roberto Saviano, Autor des Enthüllungsromans "Gomorrha", setzt erneut ein Zeichen gegen die Mafia. In einem Rapsong schildert er seine eigene Ermordung.

Carolin Gasteiger

Im vergangenen Sommer äußerte Roberto Saviano einen besonderen Wunsch: "Ich möchte Rapper sein, um die Realität zu beschreiben, in der ich lebe. Ich würde von meiner absurden Situation erzählen, von der kleinen Insel, auf der ich Urlaub mache, weil es der einzige Ort ist, an dem ich ohne Begleitschutz leben kann."

Gemeinsam mit dem neapolitanischen Rapper Lucariello hat der Journalist diesen Wunsch nun verwirklicht. In einem Rapsong, der gestern abend im italienischen Fernsehen präsentiert wurde, geht es um seinen eigenen Tod durch die Camorra, der Mafia in und um Neapel. Allein der Titel, der auf Saviano zurückgeht, lässt das Schlimmste befürchten. "Capotto di legno", wörtlich Mantel aus Holz, bedeutet im Camorra-Jargon nichts anderes als Sarg.

Der 29-jährige Autor traf mit seinem Enthüllungsroman "Gomorrha" im vergangenen Jahr den Nerv der italienischen Bevölkerung. Mehr als 900.000 Exemplare wurden im ganzen Land verkauft. Für die Darstellung der brutalen Wirklichkeit einer Jugend, in der die Mafia stets präsent ist, musste Saviano bezahlen - heute lebt er anonym, ohne feste Adresse und unter Polizeischutz. Mit "Cappotto di legno" macht er bestimmt keinen Schritt zurück in ein normales Leben.

Blecherne Megafonansagen kündigen zu Beginn des Liedes den Heimatort Savianos an: "Casal di Principe, 20.000 Einwohner" und am Ende "... Mafia-Verband. Blut und Zement." Begleitet von Streichermusik des italienischen Komponisten Ezio Bosso macht sich ein junges Camorra-Mitglied mit starkem neapolitanischen Dialekt auf die Suche nach seinem Opfer Saviano, der zwar "die Augen eines guten Jungen" habe, aber "von dem es heißt, er sei ein Narr". Hier wird auf Nicola Schiavone angespielt, dem Vater eines Camorra-Mitglieds, der Saviano im italienischen Fernsehen als Narr titulierte.

"Vento di vendetta, otto botte in petto"- Mit "Wind der Rache, acht Schläge in die Brust" schildert Lucariello den Moment, in dem Mafia-Opfer ihren tragischen Tod erwarten, bevor ihnen "ein .45er-Kaliber einen Kuss auf die Schläfe drückt." In Savianos 28 Lebensjahren waren es allein in Neapel 3700 Menschen.

Auf die Zusammenarbeit mit Lucariello kam Saviano während seiner Ferien auf einer Insel, deren Name aus Angst nicht genannt wird. Der neapolitanische Rapper schildert dieselbe Mafia-Welt, die Saviano bereits in "Gommorha" vorführt. "Es war meine Idee, seine Ermordung zu schildern", erklärt Lucariello der italienischen Tageszeitung La Repubblica. Saviano habe ihm lediglich die notwendigen Hintergrundinformationen gegeben und sich den Titel ausgedacht. Von dem Ergebnis war er schließlich begeistert: "Ihm gefällt die emotionale Wirkung des Liedes", so der Rapper, der aus Scampìa kommt, einem für die Mafia berüchtigten Stadtviertel Neapels.

Lucariello will weiterhin mit dem Komponisten Bosso und Saviano zusammenarbeiten. Aus politischen Motiven. Der Rapsong markiert nicht zuletzt das Aufbegehren der italienischen Jugend gegen die Mafia - eine Entwicklung, die Saviano bereits mit "Gomorrha" angestoßen hat. "Als wir noch klein waren, konnten wir die Namen der Camorristi nicht laut aussprechen, als ob die Wände Ohren hätten", betont Lucariello. "Uns neapolitanische Jugendliche hat "Gomorrha" befreit - Saviano hat uns die Stimme wiedergegeben."

"Cappotto di legno" zum Anhören auf Roberto Savianos Homepage

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