Süddeutsche Zeitung

Amokfahrt in Münster:"Wir tun alles, um die Situation der Schwerstverletzten zu stabilisieren"

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Nach der Amokfahrt mit insgesamt drei Toten in Münster schweben drei der Verletzten noch immer in Lebensgefahr. "Wir tun alles, um die Situation der Schwerstverletzten zu stabilisieren", sagte der Direktor der Münsteraner Uniklink, Robert Nitsch, am Mittag. Bei der Pressekonferenz des Krankenhauses wurden weitere Details zu den Verletzten der Amokfahrt bekannt: 25 Personen seien am Unfallort medizinisch versorgt worden; acht von ihnen wurden zur Behandlung ins Uniklinikum gebracht.

Nitsch und Michael Raschke, Leiter der Unfallchirurgie, betonten, wie groß die Hilfsbereitschaft gewesen sei: Binnen kürzester Zeit hätten sich 250 Mitarbeiter zum Dienst gemeldet. "Wir sind ihnen sehr, sehr zu Dank verpflichtet", sagte Nitsch. Kliniken, auch in den nahegelegenen Niederlanden, hätten ihre Unterstützung angeboten. Die Klinikvertreter zeigten sich tief beeindruckt von der enormen Anteilnahme.

Bei dem Amoklauf in der Münsteraner Altstadt waren am Samstag insgesamt etwa 20 Menschen verletzt worden, eine 51-jährige Frau und ein 65-jähriger Mann wurden getötet. Jens R., 48, hatte sich nach der Amokfahrt in seinem Campingbus erschossen.

Die Polizei untersucht weiter die Hintergründe und das Motiv der Tat. "Es sieht ganz so aus, dass es sich um einen psychisch labilen und gestörten Täter handelt, der offensichtlich schon länger darüber nachgedacht hat, sich das Leben zu nehmen", sagte NRW-Innenminister Herbert Reul. Es würden zwar nach wie vor auch mögliche andere Hintergründe geprüft. "Aber es spricht schon sehr, sehr viel dafür, dass es ein Einzeltäter war."

Die Ermittler wollten eine Art Bewegungsprofil des Todesfahrers erstellen. "Wir konzentrieren uns jetzt mit unseren Untersuchungen insbesondere darauf, ein möglichst umfassendes Bild über das Verhalten des Täters in den Vorwochen zu erhalten", sagte der Polizeipräsident von Münster, Hajo Kuhlisch. So wollen die Ermittler dessen Motivation verstehen.

R. klagte über Schuldkomplexe, Zusammenbrüche und Ärztepfusch

In R.s Campingbus fanden Ermittler neben der Tatwaffe eine Schreckschusspistole und etwa ein Dutzend sogenannter Polenböller. Weitere solche Feuerwerkskörper sowie ein unbrauchbar gemachtes Sturmgewehr vom Typ AK-47 entdeckte die Polizei in der Münsteraner Wohnung des Mannes. Woher er die Waffe hatte, war zunächst unklar. "Er hatte keinen Waffenschein. Es war keine ordnungsgemäß erworbene Waffe", sagte Innenminister Reul.

Der Mann hatte wegen psychischer Probleme Kontakt zum Gesundheitsamt in Münster - und bereits Ende März eine Mail an mehrere Bekannte geschrieben. "Aus dem Inhalt ergaben sich vage Hinweise auf suizidale Gedanken, aber keinerlei Anhaltspunkte für die Gefährdung anderer Personen", teilte die Polizei mit. In der Mail sowie in einem langen Schreiben, das in einer Wohnung des Mannes im sächsischen Pirna gefunden wurde, klagte er über Schuldkomplexe, Zusammenbrüche und Ärztepfusch.

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