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Airbus-Absturz: Opferansprüche:Was ein Leben wert ist

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Nach dem Airbus-Absturz will die Fluglinie Air France die Angehörigen der Toten bald entschädigen. Die Schmerzensgeldansprüche werden allerdings unterschiedlich ausfallen.

Nicolas Richter

Zusammenstoß über dem Bodensee, Unfall der Concorde in Paris, Absturz einer Birgenair-Maschine vor der Dominikanischen Republik: Der Rechtsanwalt Ulrich von Jeinsen kennt die meisten jüngeren Flugzeug-Katastrophen im Detail, er hat sich darauf spezialisert, den Hinterbliebenen der Opfer zu ihrem Recht zu verhelfen.

Auch nach dem Absturz der Air-France-Maschine über dem Atlantik haben sich bereits die Angehörigen fünf deutscher Opfer bei dem Hannoveraner Anwalt gemeldet. Jeinsen ist ein besonnener Advokat, der nicht in einer Reihe mit jenen Kollegen stehen möchte, die in den USA als ambulance chaser gelten, weil sie nach Katastrophen Kasse machen wollen.

Trotzdem wird es bald um Geld gehen, wenn Jeinsen mit Air France darüber verhandelt, wie die Angehörigen entschädigt werden. Das Montrealer Abkommen über die Haftung von Fluggesellschaften besagt, dass für jedes Todesopfer etwa 240.000 Euro zu zahlen sind. Die Hinterbliebenen können auch einen deutlich höheren Betrag verlangen - dem kann Air France dann entgegentreten, wenn sie beweisen kann, dass sie keine Schuld an dem Unglück trifft.

In jedem Fall wird die Entschädigung für die Opfer unterschiedlich hoch ausfallen. Höhere Beträge kommen meist zustande, wenn etwa ein Familienvater ums Leben gekommen ist, der Frau und Kinder ernährte. Schmerzensgeldansprüche richten sich neuerdings nach den Maßstäben des Landes, in dem das Opfer lebte.

Für die Hinterbliebenen von Deutschen bedeutet das, dass sie sich mit einem kleineren Betrag begnügen müssen. Die hohen Beträge, die amerikanische Gerichte gewähren, dürften hier also zumindest für die deutschen Opfer nicht in Frage kommen. Allgemein muss Air France aber damit rechnen, in den Vereinigten Staaten von mehreren Kanzleien verklagt zu werden.

Falls es über die Höhe der Entschädigung zu einem Rechtsstreit kommen sollte, wird Jeinsen vor französischen Gerichten klagen. Air France hat ihren Sitz in Paris, außerdem war der Zielflughafen des Fluges AF 447 Paris. Jeinsen schließt nicht aus, möglicherweise Ansprüche gegen Airbus anzumelden, das hängt aber von den Ergebnissen der Unfalluntersuchung ab.

Zunächst geht es darum, die Leichen der Opfer zu finden. Gelingt dies nicht, können die vermissten Passagiere 30 Tage nach dem Absturz für tot erklärt werden. Dann erhalten die Angehörigen einen Erbschein, mit dem sie die Entschädigung einfordern können.

Am Mittwoch hat die Air France signalisiert, Schadenersatzforderungen rasch regeln zu wollen. "Air France will sich nicht streiten, diese Signale habe ich schon bekommen", sagte Jeinsen der Nachrichtenagentur AFP. Er rechnet deshalb nicht mehr damit, Klage einreichen zu müssen.

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SZ vom 10.06.2009/AFP/grc
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