Süddeutsche Zeitung

Zamdorf:Über Kreuz

Lesezeit: 2 min

Das Parkdeck der geplanten Mormonen-Kirche direkt neben der Schwarzwald-Siedlung ist gestrichen. Nachbarn hatten es beim Erörterungstermin für den Bebauungsplan massiv kritisiert

Von Ulrike Steinbacher, Zamdorf

Die Mormonen werden direkt neben der Schwarzwald-Siedlung in der östlichen Parkstadt eine neue Kirche bauen. So viel steht heute schon fest, auch wenn es noch einige Jahre dauert, bis die Bauarbeiter kommen. Klar ist auch, dass das Gebäude sehr groß ausfallen und eine gewisse Ähnlichkeit mit Südstaaten-Kirchen haben wird. Aber wo Gläubige und andere Besucher ihre Autos parken sollen, darüber werden die Mormonen mit der Stadt noch einmal neu verhandeln. Das bisher geplante Parkdeck jedenfalls ist gestrichen. Die Nachbarn hatten es beim Erörterungstermin für den Bebauungsplan massiv kritisiert.

"Das schaut ja aus wie ein großer Hühnerstall", entfuhr es einem der Zuhörer am Dienstagabend. "So ein greisliches Ding können Sie doch nicht in unser Viertel reinstellen", empörte sich ein anderer. Karl-Heinz Sadrinna von der europäischen Verwaltungszentrale der Church of Jesus Christ of Latter-Day Saints, wie die Kirche offiziell heißt, hatte zuvor noch die "filigrane Darstellung und Begrünung" der Parkpalette für 66 Autos versprochen.

Parkdeck und Kirche sind auf einem Grundstück an der Ecke Eggenfeldener-/ Weltenburger Straße geplant, das der Stadt gehört und gegen ein Areal der Mormonen östlich davon getauscht werden soll. Die Schmalseite des Kirchenbaus mit einem 28 Meter hohen glockenlosen Turm setzt einen Akzent im Süden des Grundstücks Richtung Autobahn. Das 4,50 Meter hohe dachlose Parkdeck mit versetzten Ebenen sollte nördlich davon entstehen - "direkt hinter meinem Gartenzaun", sagte die Nachbarin im Osten, die Autolärm befürchtete, während der Nachbar im Norden sich wegen des Schattenwurfs sorgte.

Der Vorschlag, die Standorte von Parkdeck und Kirche zu tauschen, wurde aus optischen Gründen schnell verworfen. Gegen eine Tiefgarage hatte Sadrinna Einwände: Zum einen sei sie teuer, zum anderen habe man "ungute Gefühle" wegen der Sicherheit von Frauen und Töchtern, zum dritten wären komplizierte bauliche Konstruktionen nötig. Schließlich lenkte der Bauspezialist der Mormonen aber ein und bot an, mit den Nachbarn und der Stadt nach einem Kompromiss zu suchen. Denkbar wäre eine Kombilösung aus ebenerdigen Parkplätzen und kleiner Tiefgarage "für starke, furchtlose Männer", wie die Bogenhauser Bezirksausschussvorsitzende Angelika Pilz-Strasser (Grüne) vorschlug.

Der Kirchenbau selbst wurde von den Nachbarn deutlich freundlicher aufgenommen, nur einer stellte die Frage, ob "so ein riesenhaftes Gebäude wirklich nötig" ist. Die Mormonen planen einen zweistöckigen Mehrzweckbau mit 2000 Quadratmetern Geschossfläche. Die Kapelle für 174 Gläubige lässt sich bei Bedarf mit einer Versammlungshalle verbinden und bietet dann 492 Menschen Platz. Hinzu kommen Büros sowie Versammlungs- und Gruppenräume für Schriftenstudium und Familienforschung, aber auch Musik und Sport.

Gedacht ist die neue Kirche als überregionaler Versammlungsort für die elf Mormonen-Gemeinden der Region mit 2200 Gläubigen. Gut 1000 von ihnen leben in München und sind in vier Gemeinden organisiert. Speziell die beiden Gemeinden, die sich an der Rückertstraße in Fürstenried treffen, sollen einen Alternativstandort für das dreistündige Sonntagsprogramm bekommen. Es besteht aus Abendmahl- und Predigtgottesdienst, Sonntagsschule und Gruppentreffen. Nach Vorstellung der Mormonen ist ihre Kirche ein riesiges Zelt, jede Gemeinde darin eine Stütze, ein Pfahl. An zwei Wochenenden im Jahr finden Pfahlkonferenzen statt, zu denen 250 bis 400 Besucher erwartet werden. Mit weiteren 150 Gästen wird bei den Satellitenübertragungen der Generalkonferenzen aus Salt Lake City zweimal im Jahr gerechnet.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2742584
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 19.11.2015
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.