Süddeutsche Zeitung

Zukunft und Entwicklung in Bad Tölz:Hotel-Projekt gestoppt

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Die Bürger fordern mehr Wohnungen an der Arzbacher Straße, die Gespräche mit dem Investor stocken. Bürgermeister Janker hält eine Denkpause für nötig

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Die Stadt Bad Tölz tritt mit dem Hotelprojekt an der Arzbacher Straße überraschend auf die Bremse. Dies wurde in der Stadtratssitzung am Dienstagabend deutlich. Das Gremium lehnte zwar das Bürgerbegehren gegen den Bau eines 300-Betten-Hotels, eines Sportstudios und von fünf Wohnblocks als unzulässig ab und verweigerte sich mehrheitlich auch dem Vorschlag der Stadtverwaltung, das etwa 2,4 Hektar große Grundstück zunächst nicht an einen Investor zu verkaufen. Dennoch wird sich auf dem Gelände erst einmal nichts tun. Der Grund: Die Verhandlungen mit dem österreichischen Investor sind offenkundig ins Stocken geraten.

Das Hotelprojekt der Firma Arcus sei "noch nicht mit unseren Vorstellungen kompatibel", sagte Kämmerer Hermann Forster. Die Betonung liege auf "noch". Eine gewichtige Rolle für diese Entwicklung spielt aber auch der klare Ruf aus der Bevölkerung nach bezahlbarem Wohnraum in Tölz. Diese Forderung war in der Bürgerversammlung im März laut geworden.

Mit den Initiatoren des Bürgerbegehrens habe er interessante Gespräche geführt, erzählte Bürgermeister Josef Janker (CSU). Nun lege man mal einen Stopp ein, um eine Denkpause zu ermöglichen. Dem widersprach Forster. Von Stopp und Denkpause könne so nicht die Rede sein, die Planungen fürs neue Hotel liefen weiter, sagte er. Für den Kämmerer gilt es, bezahlbare Wohnungen und neue Übernachtungsmöglichkeiten gleichermaßen zu schaffen, "die rechtlich, städtebaulich und am Gemeinwohl orientiert sind". Das Bürgerbegehren gegen das Hotelprojekt berge durchaus Zündstoff, "darin gibt es Aussagen, die man nicht vom Tisch wischen kann".

Eine Liste mit 2644 Unterschriften hatten die Initiatoren im Rathaus abgegeben. 2209 davon waren gültig, womit das Quorum von 1322 wahlberechtigten Tölzern erreicht wurde. Auch die Fragestellung war zulässig. Ein Teil der Begründung hingegen nicht. Darin stand zu lesen, dass der Gabriel-von-Seidl-Weg dem Bauvorhaben weichen müsse und der Baumbestand, eine schützenswerte Linden- und Eichenallee, abgeholzt werde. Dies sei eine falsche Tatsachenbehauptung und somit geeignet, den Bürgerwillen zu verfälschen, sagte Forster. Mehrmals sei öffentlich darauf hingewiesen worden, dass der Weg erhalten bleibe. Der Stadtrat erklärte das Bürgerbegehren einstimmig für unzulässig.

Vor einem Stillstand auf dem Areal an der Arzbacher Straße warnte Anton Mayer (CSU). Die Stadt habe bereits mehrere hunderttausend Euro in die Neue Tölzer Hotelkultur gesteckt, sagte er. Aber vielleicht finde man ja einen Investor, der keine Wohnhäuser zur Querfinanzierung brauche. Eben dagegen habe sich das Bürgerbegehren ja ausgesprochen, nicht gegen das Hotel. Peter Wiedemann (FWG) wies darauf hin, dass die Stadt bloß an der Arzbacher Straße noch ein Grundstück besitze, wo sie bauen könne, ohne jemanden fragen zu müssen. Deshalb stellt sich für ihn die Frage, ob es andere Finanzierungsformen oder vielleicht Hotelinvestoren gibt, die ohne Wohnbauten auskommen. Aber ohne diese Querfinanzierung rentierte sich ein solches Projekt nicht, das sei den Stadträten zwei Jahre lang eingetrichtert worden, wunderte sich Martin Harrer (FWG). Die Antwort von Bauamtsleiter Christian Fürstberger: "Der Markt im Hotelbereich hat sich in den letzten zwei Jahren geändert." Investoren hätten für neue Hotels früher nur 1-A-Lagen in Städten gesucht, nun gingen sie auch in B- und C-Lagen. "Wir sind wieder interessant für Investoren", meinte Fürstberger. Das müsse man nutzen, sagte Kurdirektorin Brita Hohenreiter und plädierte dafür, die Planungen für ein Hotel voranzutreiben. Bad Tölz brauche dringend Betten, "jetzt haben wir gute Möglichkeiten, noch was abzuschöpfen".

Von der Debatte zeigte sich Peter von der Wippel (FWG) genervt. Er finde es "äußerst schwach, wie wir zu unseren Projekten stehen", schimpfte er. Die Stadt schaffe es nicht, für wegweisende Vorhaben Begeisterung, zumindest Verständnis in der Bevölkerung zu wecken. Das sei "frustrierend". Andrea Grundhuber monierte dagegen, dass den Tölzern zum einen gesagt werde, ein Vertragsabschluss mit der Firma Arcus sei noch fern, zum anderen aber auch, dass die Planungen nicht gestoppt seien. "Da fühlt sich die Bürgerschaft nicht ernst genommen." Falsch, meinte Forster. Für die Bürger sei es ja gerade interessant, welche Art von Wohnungen an der Arzbacher Straße entstünden. Fürstberger und Michael Lindmair (FWG) können sich dort auch gemischte Wohnformen vorstellen. Ein Bürgerbegehren, der Mangel an bezahlbaren Wohnungen und ein Investor, mit dem man gerade nicht auskomme - "im Moment ist das Vertrauen nicht da", konstatierte Willi Streicher (SPD). Das sei der richtige Moment, um sich zu überlegen, was auf dem Grundstück an der Arzbacher Straße "das Bessere ist".

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SZ vom 29.06.2017
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