Süddeutsche Zeitung

Kultur in Wolfratshausen:Vierschenkliges Dreieck

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Die Künstler Sandra Kolondam, Klaus Soppe, Reinhild Stötzel und Daniela Satzinger zeigen im Wolfratshauser Kunstturm am Schwankl-Eck ausgewählte Arbeiten. Ihre Gemeinschaftsausstellung ist kontrastreich und sehenswert.

Von Petra Schneider, Wolfratshausen

Seit gut einem Jahr hat die Kunst in Wolfratshausen ein Zuhause, in zentraler Lage und in einem repräsentativen Gebäude: Dass der Kulturverein Isar Loisach (KIL) im vergangenen August den Kunstturm am Schwankl-Eck eröffnet hat und das Projekt, mit Zuschüssen der Stadt, stemmt, ist aller Ehre wert. Die lichtdurchfluteten Räume auf mehreren Ebenen, in denen es künftig auch Lesungen, Theater und kleine Konzerte geben soll, sind wie geschaffen für Ausstellungen. Sie geben den Bildern Raum, sich zu entfalten. Das zeigt sich in der aktuellen Gemeinschaftsausstellung von Sandra Kolondam, Klaus Soppe, Reinhild Stötzel und Daniela Satzinger. Die befreundeten Künstler, die sich vor einigen Jahren bei der Kunstmeile in Wolfratshausen und beim Künstlerstammtisch kennen gelernt haben, haben sich zu einem Künstlerkollektiv mit dem Namen "Bermuda Dreieck" zusammengeschlossen. Sie wohnen und arbeiten an drei verschiedenen Orten - Berg, Icking, Wolfratshausen - daher der Name, erklärt Daniela Satzinger. Im vergangenen Jahr hatten die Vier eine große Ausstellung in Berlin im Galerieviertel; Corona habe ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht, erzählt Satzinger, die Ausstellung wurde im Juni vorzeitig abgebrochen. Nun also das erste Mal "Bermuda Dreieck" im Landkreis. Ein Thema gibt es nicht, Techniken und Stile der sehenswerten Ausstellung im Schwankl-Eck sind vielfältig.

Im Erdgeschoss zieht ein großformatiges Ölbild von Sandra Kolondam den Blick auf sich: "Alles was fliegt", lautet der Titel. Auf der Leinwand tummeln sich Kolibris, Meisen, Schmetterlinge, Flugzeuge und Astronauten zwischen Blüten in luftigen Pastelltönen mit viel Rosa. Auch Goldfische fügen sich wie selbstverständlich in diese hyperrealistische Szenerie, in der Maßstäbe keine Rolle spielen. Kolondam, die mit ihrem Mann Klaus Soppe ein Atelier in Berg betreibt, hat Malerei studiert, war Schülerin von Rosa Loy und Markus Lüpertz. Sie fügt Objekte und Körper aus unterschiedlichen Lebensbereichen zu surrealen Welten zusammen. Das zeigt sich auch bei der Arbeit "Maschinen und rote Beeren": Pralle Früchte in intensivem Rot gehen eine Symbiose mit scharfkantigen, kühl-blauen Maschinenteilen ein - ein ungewohnt harmonisches Zusammenspiel von Natur und Technik.

Faszinierend sind auch die flirrenden Arbeiten von Klaus Soppe. Der Zeichner, Grafiker, Maler und ehemalige Meisterschüler von Robin Page arbeitet mit feinen Strichelungen, exakt und virtuos gesetzt, oft in gedeckten Tönen. Mit zunehmender Distanz verdichten sich die Striche zu plastischen Räumen und Motiven, Licht und Schattenwirkungen sind erkennbar. Ein neo-impressionistischer Stil, der etwa im Bild "Felsenküste Adria" gut erkennbar ist.

An der Nebenwand hängen Arbeiten, die kaum unterschiedlicher sein könnten und die Spannbreite dieses Künstlers zeigen: Flächige, grafische Formen, das Kompositionsprinzip folgt vertikalen und horizontalen Linien, die Farben sind warm; gemaserte Brauntöne wirken wie Holzschnitte. "Leuchtendes Feld" ist eine dieser Arbeiten in Acryl betitelt. Felder, Bäume, Weg - eine ruhige, reduzierte Landschaft.

Fesselnd ist auch das geometrische Formenspiel von Reinhild Stötzel. Immer wieder hat sich die Ickinger Malerin und ehemalige Kunsterzieherin mit konstruktiver Malerei beschäftigt: eine gegenstandslose Stilrichtung, die nicht von der Anschauung abstrahiert, sondern auf geometrischen Formen fußt. Stötzel malt ausschließlich vertikale und horizontale Streifen in Serien mit variierenden Farbverläufen. Sie wirken auf den ersten Blick statisch. Bei längerer Betrachtung entdeckt man Strukturen an den Übergängen, die lebhaften Farben erzeugen Spannung, verstärken sich oder schwächen sich ab. Besonders deutlich wird das bei den beiden Arbeiten "Umkehrung": Die Streifen vertiefen sich zu plastischen Lamellen, die Farben werden fast physisch wahrnehmbar - das intensive Orange brennt, das Blau kühlt.

Und zwischen all diesen anregenden Wahrnehmungsspielen, die kleinen Collagen von Satzinger: Die zweite Vorsitzende der Klecks-Schule der Phantasie, die auch Mitglied im KIL ist, hat sich in den vergangenen Jahren der Collage zugewandt. Sie sammelt Fotos aus verschiedenen Medien und komprimiert auf kleinsten Raum gesellschaftsrelevante Themen; in prägnanter Bildsprache und oft humorvoll. Wie die Serie "Corona": ein Bernhardinerhund, der statt eines rettenden Schnapsfasses eine Klorolle um den Hals trägt.

Ausstellung im Kunstturm am Schwankl-Eck, Obermarkt 33, bis 3. Oktober, samstags 12 bis 15 Uhr, sonntags 12 bis 18 Uhr.

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SZ vom 09.09.2021
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