Süddeutsche Zeitung

Wohnen in Geretsried:Lizenz zum Baggern

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Der Geretsrieder Stadtrat fasst den sogenannten Satzungsbeschluss für die Bebauung des ehemaligen Lorenz-Areals. Auf knapp fünf Hektar werden dort nun bis zum Jahr 2027 rund 770 Wohnungen entstehen.

Von Florian Zick, Geretsried

Das ehemalige Lorenz-Areal an der Banater Straße kann bebaut werden. Der Geretsrieder Stadtrat fasste in seiner Sitzung am Dienstagabend den sogenannten Satzungsbeschluss. Damit ist das Bauleitverfahren formal abgeschlossen. Wie geplant kann die Wolfratshauser Baufirma Krämmel auf dem Gelände nun rund 770 Wohnungen bauen. Zwar hat die benachbarte Firma Bauer beim Verwaltungsgericht München gegen diese massive Bebauung Klage eingereicht. Nach Einschätzung des Tölzer Landratsamts hat dieses Verfahren allerdings keine aufschiebende Wirkung.

Schon nach der Ende August erlassenen Baugenehmigung habe man erste Vorbereitungen getroffen, sagt Korbinian Krämmel, der Geschäftsführer des gleichnamigen Bauunternehmens. "Man sieht auf dem Gelände noch nichts, aber es passiert schon sehr viel", so Krämmel. Er geht derzeit davon aus, dass Mitte nächsten Jahres die Bagger anrücken können. Sechs Jahre später soll auf der Baustelle alles fertig sein. Die ersten Wohnungen werden aber wohl schon 2024 bezugsfertig sein, so Krämmel.

Für das Bauunternehmen Krämmel ist es das größte Bauprojekt in der Firmengeschichte. Bis der Bebauungsplan nun rechtskräftig werden konnte, hat es allerdings einige Jahre gedauert. Eingeleitet wurde das Verfahren bereits im März 2016. Bei einem Projekt dieser Größenordnung dauere es anderswo mitunter aber schon auch mal sieben bis zehn Jahre, erklärte Klaus Hoffmann, der für die Stadt das Verfahren mit seiner Anwaltskanzlei begleitet hat. Vor allem in München brauche es bei einem so großen Bauprojekt sehr viel mehr Zeit.

Unumstritten war die Bebauung des Lorenz-Areals im Stadtrat aber auch nach mehreren Jahren der Beratung nicht. Mit dem Gelände gehe eines der letzten großen Gewerbeflächen im Ort verloren, monierte etwa Patrik Kohlert (Geretsrieder Liste). Zudem füge sich das künftige Wohnquartier nicht richtig ins Stadtbild ein. "An dieser Stelle ist es einfach ein Irrsinn", so Kohlert.

Dominik Irmer (Freie Wähler) lehnte das Bauprojekt wegen der laufenden Bauer-Klage ab. Wenn das benachbarte Gewerbe Beeinträchtigungen befürchte, dann seien "unschöne Auseinandersetzungen" zu erwarten, sagte er. Und schließlich sei es nicht nur Bauer, ergänzte Elmar Immertreu (Geretsrieder Liste). Auch die Firmen Speck und Tyczka hätten bei der Stadt ihr Unbehagen geäußert. "Schade, dass deren Stimmen nicht mehr gehört werden", so Immertreu.

Geretsrieds Bürgermeister Michael Müller (CSU) hielt dem entgegen, dass man den Firmen natürlich Gehör geschenkt habe. Deren Einwände seien teilweise sogar ins Abwägungsverfahren eingeflossen. Bei ihm stünden aber inzwischen regelmäßig junge Familien auf der Matte, die in Geretsried verzweifelt nach einer Wohnung suchten. Mit dem Großbauprojekt habe man nun die Chance, den angespannten Wohnungsmarkt etwas zu entspannen, so auch Stadtrat Felix Leipold (Freie Wähler).

Der Stadtrat stimmte am Ende deshalb mit großer Mehrheit für die Bebauung des Lorenz-Areals. Von den 770 Wohnungen sollen 30 Prozent geförderte Sozialwohnungen mit vergünstigten Mieten werden, weitere 30 Prozent sind frei finanziert, der Rest wird als Eigentumswohnungen verkauft. Aber auch bei den Eigentumswohnungen habe die Stadt ein Vorbelegungsrecht, betonte Bürgermeister Müller. Das Bauprojekt komme also vor allem den Einheimischen selbst zu Gute.

Architekt Klaus Kehrbaum erklärte noch einmal den Grundgedanken hinter dem Projekt. Man habe in Geretsried das Zentrum stärken wollen, sagte er. Deswegen habe man für den Handel Anreize geschaffen, sich Richtung Karl-Lederer-Platz und Egerlandstraße zu orientieren. Bei dem vielen Raum für Parkplätze auf dem Lorenz-Areal wäre für den Handel nämlich sicher auch die Banater Straße als Standort interessant gewesen. Wenn man dort keine Wohnbebauung geplant hätte, wäre der Handel deshalb vielleicht auch nicht ins Zentrum gewandert.

Dass aus dem Lorenz-Areal nun eine "Betonwüste" wird, wie es im Stadtrat geäußert wurde, müsse man nicht befürchten, versicherte Kehrbaum. Zwar sei über der riesigen Tiefgarage teilweise tatsächlich nur eine 20 Zentimeter hohe Erdschicht geplant. An ausgewählten Stellen sei die Erde aber 70 Zentimeter tief. Dort seien Baumpflanzungen geplant. Durch die Tiefgarage könne man das Wohnquartier zudem weitgehend verkehrsfrei halten.

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SZ vom 08.10.2020
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