Süddeutsche Zeitung

Streit um einen Mobilfunkmast und 5 G in Eurasburg:Eine Frage des Standorts

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Ein Anwohner des kleinen Weilers Impleiten wirft der Gemeinde Eurasburg vor, ihn über den genehmigten Mobilfunkmast nicht informiert zu haben. Und auch andernorts gibt es Ärger wegen 5 G

Von Benjamin Engel, Eurasburg

Die Häuser der Einöde Impleiten stehen am Rand einer Rodungsinsel fernab jeglicher Wohnbebauung. Dorthin ist Lars Grenacher mit Frau und Kindern vor vier Jahren aus Heidelberg ganz bewusst gezogen. Der Radiologie-Professor arbeitet seit damals in München und wollte zum Wohnen in die freie Natur. "Wir wollen es abends gemütlich draußen haben", sagt er. In Sichtweite - nur etwa 350 Meter entfernt - will jetzt eine Tochtergesellschaft der Telekom einen 40 Meter hohen Mobilfunkmasten am nördlichen Waldrand errichten. Der Gemeinderat hat dem Standort auf Staatsgrund nahe der Garmischer Autobahn A 95 im vergangenen Sommer zugestimmt. Darüber ärgert sich Grenacher. Er wirft der Kommune und Gemeinderäten vor, ihn nicht informiert zu haben. Bei einem Ortstermin sei er nicht eingeladen worden. "Ich sehe auch eine Bringschuld der Gemeinde", sagt er.

Formaljuristisch ist das Prozedere kaum zu kritisieren. Denn außerhalb der Ortsbebauung sind Mobilfunkmasten privilegierte Bauvorhaben. Das bedeutet, dass das Kreisbauamt Bad Tölz-Wolfratshausen den Standort genehmigen kann, selbst wenn die Kommune dagegen stimmt. Mit dem Mobilfunkpakt will die bayerische Staatsregierung Lücken im Netz, sogenannte weiße Flecken, schließen. "Mir sind die Hände gebunden", sagt Eurasburgs Bürgermeister Moritz Sappl (GWV). Die Problematik könne er aber durchaus verstehen. Optisch gewinne niemand mit einem Mobilfunkmasten einen Preis.

Gegen den Vorwurf, das Bauvorhaben einfach an Grenacher vorbei durchgedrückt zu haben, wehrt sich Sappl aber. "Jeder Gemeindebürger wird gleichbehandelt", sagt er. Die Tagesordnungen für die Ratssitzungen würden öffentlich ausgehängt und seien über die Homepage der Kommune abrufbar. Darüber hätte sich Grenacher nur zu informieren brauchen. Die Kommune könne bei solchen Bauvorhaben nicht jeden betroffenen Eurasburger persönlich anschreiben. Zudem sei die Familie Grenacher kein unmittelbarer Grundstücksnachbar. Nur mit den direkten Anliegern habe es eine Ortsbegehung gegeben, an der er selbst aber nicht persönlich teilnehmen konnte, sagt Sappl.

Der geplante Mobilfunkmast bei Impleiten soll ungefähr in der Mitte zwischen den bereits an der A 95 existierenden bei Oberhof und Faistenberg stehen. Damit solle die Versorgung nördlich der Ausfahrt von Seeshaupt und Beuerberg verbessert werden, teilt ein Sprecher der Deutschen Funkturm GmbH mit. "Dazu ist es wichtig, dass wir ihn möglichst nahe an dem zu versorgenden Gebiet bauen können und sich sein Standort gut in die bestehende Versorgung durch die umliegenden Mobilfunkmasten eingliedern kann." Rein funktechnisch wäre sogar noch ein etwas weiter südlich gelegener Standort optimal.

Für den Stahlgittermasten hatte ein Nachbar noch ein 300 Meter weiter nördlich gelegenes Grundstück angeboten. Das wäre weiter von der Wohnbebauung entfernt gewesen. Die Gemeinde hatte die Idee erfolglos ausgelotet. Dieser Standort wäre nicht geeignet, die Mobilfunkversorgung nördlich der Ausfahrt Seeshaupt zu verbessern, teilt die Deutsche Funkturm GmbH mit. Das Unternehmen betrachte für den Mobilfunkausbau aber stets mehrere Alternativen. Schon hundert Meter könnten entscheidend sein, je enger der Suchkreis wie etwa im Fall von Eurasburg durch die umliegende Versorgung sei.

Mit seinen Vorwürfen geht Grenacher aber weiter. Sogar von "Vetterleswirtschaft" spricht er. Denn Gemeinderat Peter Goepfert (Unabhängige Wähler) wohne unweit südlich bei der Autobahnausfahrt in Speck. Ein benachbarter Landwirt sei mit dem Bürgermeister befreundet. Der Rathaus-Chef habe ihm bei einem persönlichen Treffen keine Antwort darauf geben können, warum der Mobilfunkmast genau am jetzigen Standort gebaut werden solle.

Von einem "klassischen Funkloch" an der Autobahnausfahrt Seeshaupt/Beuerberg spricht Bürgermeister Sappl. In der Diskussion um den Mobilfunk vermisst er, dass manches nicht von Anfang bis Ende gedacht werde. Viele wollten jederzeit ein Smartphone nutzen. Das funktioniere genauso wie beispielsweise Echtzeit-Anzeigen des öffentlichen Personennahverkehrs nur mit einem funktionstüchtigen Netz. Beim jetzt gefundenen Standort bei Impleiten handele es sich um das südlichst zur Verfügung stehende Grundstück mit gesicherter Erschließung. Es gehöre den Bayerischen Staatsforsten. Darum herum gebe es nur Privatgrundstücke.

Aus gesundheitlichen Gründen lehnt Gemeinderat Peter Goepfert aus dem nahen Weiler Speck den Mobilfunk ab. Mit seinem Nachbarn habe er erfolglos versucht, den Standort für den Mobilfunkmasten weiter nach Norden zu verschieben. Trotzdem fühlt sich Grenacher aus Impleiten "im Regen stehen gelassen". Beim anderen derzeit in Beuerberg geplanten Mobilfunkmasten wolle die Gemeindeverwaltung auch nochmals das Gespräch mit dem Bauträger führen. Das wünscht er sich auch für Impleiten. "Ich würde am liebsten mit allen Beteiligten über alternative Aufstellorte diskutieren", sagt Grenacher.

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SZ vom 04.01.2021
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