Süddeutsche Zeitung

Stadtentwicklung:"Sie sollen uns nicht vergessen"

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Stadt Geretsried will wegen S-Bahn-Anschluss und B 11-Verlegung bei staatlichen Stellen Druck machen. Bericht aus der Stadtratsklausur

Von Felicitas Amler, Geretsried

Zwei der entscheidenden Fortschritte für die Geretsrieder Stadtentwicklung hat die Stadt selbst nicht in der Hand: Seit Jahrzehnten hofft sie vergeblich auf den Anschluss an die S-Bahnlinie 7, und das Warten auf eine damit in Zusammenhang stehende Verlegung samt Ausbau der Bundesstraße 11 dauert nun auch schon einige Jahre an. Der Geretsrieder Stadtrat möchte in beiden Angelegenheiten "stärker Druck machen", wie Bürgermeister Michael Müller (CSU) formuliert. Das Gremium habe daher in seiner Klausurtagung am vergangenen Wochenende beschlossen, die Dringlichkeit der B 11-Verlegung - die seit 2016 im Bundesverkehrswegeplan 2020 steht - soll "bei allen Verantwortlichen erneut betont werden".

Wegen der S-Bahn möchte Geretsried die Stadt Wolfratshausen zu einer gemeinsamen Petition bewegen. Er selbst habe seit der gemeinsamen Sitzung der beiden Stadträte und des Kreistags im Sommer 2017 nichts Neues gehört, sagte Müller am Dienstag. Damals hatte die Bahn eine Fertigstellung der Verlängerung bis Geretsried einerseits für 2028 angekündigt, andererseits ein Fragezeichen dahinter gesetzt. Bis heute steht ein Termin für das zuallererst nötige Planfeststellungsverfahren aus. Müller sagte auf die Frage, was ihn hoffen lasse, "stärkerer Druck" werde zu etwas führen: "Wir müssen permanent auf der Matte stehen. Sie sollen uns nicht vergessen - das ist der Punkt."

Der Stadtrat hat in seiner Klausur drei Themenschwerpunkte besprochen: Verkehr, Siedlungsentwicklung und Grüngestaltung. Es soll ein Verkehrsleitsystem in Auftrag gegeben werden, so Müller, ein Parkraumkonzept erstellt, der Busverkehr gestärkt und das Fuß- und Radwegenetz ausgebaut werden. All dies sind bisher grobe Ziele, die eine Detailplanung nach sich ziehen sollen.

Mit Blick auf das Wachstum der Stadt Geretsried wies der Bürgermeister darauf hin, dass es jetzt schon Verkehrsprobleme gebe und dies "die Entwicklung der Stadt hemmen kann". Gleichzeitig sehe er Chancen, den Autoverkehr zu reduzieren - durch Bus und Rad, aber auch durch neue Modelle wie Carsharing oder Ähnliches. Er habe kürzlich mit seinem Sohn und dessen Freunden erlebt, wie man sich in München per App kurzfristig ein Elektroauto organisieren könne, berichtete er: Das sei in der Großstadt einfacher, aber Menschen, die künftig nach Geretsried zögen, seien womöglich für derartiges aufgeschlossen. Und schon jetzt benutze knapp die Hälfte der Menschen, die ins Zentrum kämen, den Bus oder das Rad oder gingen zu Fuß.

Der ruhende Verkehr soll zumindest im Zentrum, das ist bereits Beschlusslage, weitestgehend in den Untergrund verbannt werden: Unter dem Karl-Lederer-Platz ist die Tiefgarage im Rohbau fertig; unter der Egerlandstraße soll sie fortgesetzt werden. Allerdings gibt es im Rat einzelne Stimmen, die im Interesse des ortsansässigen Einzelhandels oberirdische Stellplätze für zwingend erforderlich halten. In der Klausur, so Müller, sei die Diskussion über ein Parkraumkonzept nun aber von der Verdichtung in bestehenden Wohngebieten ausgegangen.

Diese Verdichtung soll "maßvoll und geregelt" vonstatten gehen. Gleichzeitig wurde in der Klausur betont, dass Innen- vor Außenentwicklung gehe. In den Wohnungsmarkt wolle die Stadt auch künftig "regelnd eingreifen", etwa durch Anwendung des "Geretsrieder Modells", berichtete Müller. Dieser Begriff einer örtlichen sozialgerechten Bodennutzung wurde gebildet im Zusammenhang mit der geplanten Bebauung an der Banater Straße, wo die Wolfratshauser Krämmel-Gruppe rund 800 Wohnungen errichten will. Dies werden, so hat sich der Investor gegenüber der Stadt verpflichtet, im Verhältnis 30:30:40 frei finanzierte, öffentlich geförderte und Eigentumswohnungen sein. Als Modell für alle Baulandausweisungen - egal, wie viele Wohnungen entstehen - sei es aber noch nicht ausgearbeitet, räumte der Bürgermeister auf Nachfrage ein. Dies solle nun geschehen.

Neben weiterer Innenstadtbelebung, Fortsetzung des Einzelhandelskonzepts und Entwicklung von Gewerbeflächen hat sich der Stadtrat nach Müllers Worten auch auf ein sogenanntes Waldflächenmanagement und die Schaffung von Grünachsen festgelegt. Mit Ausnahme der anstehenden Erweiterung der Mittelschule und einer neuen Grundschule soll es keine Anlässe mehr geben, Stadtwald zu roden. Kleinere Waldflächen sollen "attraktiv gestaltet" werden. Die städtischen Straßenzüge sollen "konsequent" bepflanzt werden. "Ziele sind die Gliederung der Stadtkörper sowie das Erlebbarmachen von Grün im Stadtraum."

Viele Schritte seien aus dem 2001 festgelegten und 2011 bis 2013 fortgeschriebenen Geretsrieder Stadtleitbild abgeleitet; dieses soll nun erneut aktualisiert und verteilt werden.

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Quelle:
SZ vom 20.02.2019
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