Süddeutsche Zeitung

Aufarbeitung in der Gemeinde:"Gustav Veith war ein Nazi"

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In Schäftlarn soll das Bild in der Bürgermeister-Galerie der Gemeinde mit einem Hinweis zur Historie versehen werden.

Von Veronika Ellecosta, Schäftlarn

Im Schäftlarner Rathaus hängt die Ahnengalerie aller Bürgermeister von 1925 an. Auch das Porträt von Gustav Veith ist aufgereiht, dazu die Dienstjahre: 1933 bis 1945. Gustav Veith war in der NSDAP und wurde nicht demokratisch gewählt, sondern von den NS-Machthabern installiert. Sein Vorgänger, Josef Böck, wurde vor die Wahl gestellt: Parteieintritt oder Abwahl. So kam Veith ins Amt.

Kürzlich merkte Gemeinderat Florian Bieberbach (SPD) an, ob dieser Platz in der Fotogalerie der Schäftlarner Bürgermeister nicht zu viel der Ehre für einen NS-Belasteten sei. Für Bürgermeister Christian Fürst (CSU) kommt die Aufreihung allerdings nicht einer Ehrung gleich, wie er der SZ auf Nachfrage erklärt: "Auch der NS gehört zur Geschichte Schäftlarns. Wenn wir das Porträt abhängen, wird das vergessen." Er schlug vor, das Foto mit einem Kommentar zur Historie zu versehen und als Zeitzeugnis zu kennzeichnen. So soll auf die nationalsozialistischen Hintergründe von Gustav Veith aufmerksam gemacht werden. Archivar Josef Darchinger hat dafür die Quellen im Archiv der Gemeinde durchgesehen. In der Gemeinderatssitzung am kommenden Mittwoch soll der Kommentar beschlossen werden.

Veith wurde ohne Anklage aus der Internierung entlassen

Was Darchinger aus dem Archiv der Gemeinde über Gustav Veith zutage befördern konnte, ist allerdings spärlich. Geboren 1890, stammte Veith ursprünglich aus Wolfratshausen und zog später nach Hohenschäftlarn. Als Kaufmann agierte er Darchinger zufolge in einer Likörfabrik zwischen ehemaliger Isartalbahn und heutiger Bundesstraße 11. Da vermutlich die Alliierten 1945 diverse Unterlagen konfiszierten oder Dokumente möglicherweise von Belasteten beseitigt wurden, findet sich kaum mehr zur Person. Gesichert ist ein Entlassungsschein aus dem Internierungslager Moosburg aus dem Jahr 1947. Veith wurde zwar der Entnazifizierung unterzogen, aber ohne Anklage entlassen. Er kehrte zurück nach Schäftlarn. "Gustav Veith war ein Nazi und Parteimitglied, aber hat wohl als Bürgermeister keine größeren Verbrechen begangen. Keine Familie aus Schäftlarn wurde deportiert", sagt Christian Fürst.

Bieberbach hat Interesse daran bekundet, intensivere Untersuchungen zu Veith anstellen zu lassen. Auch darüber wird das Plenum am Mittwoch entscheiden.

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