Süddeutsche Zeitung

Preisgekrönter Schnaps:Ausgezeichnete Tropfen

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Die Familie Hartmannsegger stellt in Sachsenkam Obstbrände her, die schon mehrfach prämiert wurden. Nun entsteht dort eine Edelbrennerei mit Hofladen, Imkerei und Seminarräumen.

Von Anja Brandstäter, Sachsenkam

Frische, fruchtige Zitrusnoten, süße Birne, Schalentöne, Honig, Bienenwachs, Minze, Blüten, im Geruch Eisbonbon, geschmacklich sehr komplex: Man könnte meinen, es handele sich hier um die Beschreibung eines Wein. Doch es ist das Geschmackserlebnis der Prüfer der Bayern-Brand-Prämierung 2022 für den Birnenbrand aus der Kastenbirne, den Thomas Hartmannsegger aus Sachsenkam bei der Bayerischen Obstbrandprämierung Bayern Brand eingereicht hat. Für seinen Schnaps erhielt er die Auszeichnung in Gold. Bayern Brand ist eine Initiative des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Sie fördert und bewertet die Qualität von heimischen Edelbränden. Die prämierten Produkte, und damit Hartmannseggers Kastenbirne, zählen zu den besten Edelbränden Bayerns.

"Mit dem Schnapsbrennen haben wir aus Spaß angefangen", erzählt Thomas Hartmannsegger. "Wir haben so viele Obstbäume rund ums Haus und es ging uns um eine sinnvolle Verwertung". Zusammen mit seinem Vater Georg hat er an einem Schnapsbrenn-Kurs in Österreich teilgenommen. Danach ging es darum, das Brennrecht zu erhalten. Der für die Brennrechtvergabe zuständige Zoll wollte das Verhältnis der Obstbäume zur Fläche wissen. "Ein Zöllner ist zu uns gekommen und hat die Bäume angesehen" berichtet Hartmannsegger. "Daraufhin haben wir das kleine Brennrecht für 50 Liter bekommen." Die Familie wollten zunächst eine kleine Destille für 20 Liter erwerben, doch die Zöllner rieten ihnen gleich zu einer großen für 100 Liter.

2016 begann Thomas Hartmannsegger, der im Hauptberuf Elektromeister ist, im ehemaligen Hühnerstall seines Anwesens in Sachsenkam mit dem Schnapsbrennen. Für einen Brand wird eine große Menge vollreifes Obst benötigt - und viel Geduld: Für den Gärprozess mit anschließender Lagerung braucht es viel Zeit. Denn je länger ein Brand lagert, desto intensiver und samtiger wird sein Geschmack. Bei Kernobstbrand beträgt die Lagerdauer ein bis zwei Jahre, für Steinobst dagegen zwei bis drei Jahre.

Es stellte sich heraus, dass der 34-Jährige einen ausgezeichneten Geschmackssinn und große Experimentierfreude entwickelte. Die ersten hochprozentigen Tropfen aus dem Jahr 2017 waren so hervorragend, dass er sie zur Prämierung eingeschickt hat. Thomas Hartmannsegger erhielt zwei Gold- und eine Silbermedaille. Das spornte die Familie an, und die Produktion in Sachsenkam wuchs.

Seit 2018 das Brennrecht geändert wurde und die Hartmannseggers jährlich bis zu 300 Liter Schnaps herstellen dürfen, haben sie weitere Obstbäume gepflanzt. Thomas Hartmannsegger und seine Mutter Margret lernten das Imkern, damit die Bäume von den Bienen bestäubt werden. Außerdem kaufen sie Obst dazu. "Wir nutzen das Brennrecht jetzt aus", sagt Vater Georg. Beim Waschen des Obstes helfen alle drei zusammen. "Für den Vogelbeerenschnaps haben wir zu dritt jede einzelne Beere gewaschen und geprüft", erzählt Margret Hartmannsegger. Denn die Qualität des Obstes sei am allerwichtigsten. Es dürfe auf keinen Fall faul sein. Die Qualität zahlt sich aus, die Familie hat Erfolg mit ihren Bränden. Es spricht sich herum, dass es bei Hartmannseggers ausgezeichneten Schnaps gibt.

Auch die Anschaffungen wurden immer größer: Lager- und Maischegefäßen sowie Flaschen für den Verkauf. Etiketten müssen erstellt werden, es wurde sozusagen ein Label gegründet, und dann kommt auch noch die Bürokratie mit dem Zoll hinzu. 20 bis 30 verschiedene Brände und Geiste stellt die Familie inzwischen in Sachsenkam her. "20 Kilo Heidelbeeren habe ich in diesem Jahr gepflückt", erzählt Margret Hartmannsegger. Dazu kommen noch rund 30 Kilo Schlehen, die wegen ihrer Dornen ziemlich mühsam zu ernten sind. Haselnüsse bezieht die Familie aus dem Piemont. Zehn Kilo geröstete und geschälte Nüsse haben sie gekauft und verarbeitet.

Der anfängliche Idealismus wurde Leidenschaft und Berufung. Thomas Hartmannsegger schloss 2019 eine Ausbildung zum Edelbrand-Sommelier ab. Er weiß inzwischen genau, wie lange die Maische zum Gären braucht. Wenn es so weit ist, darf man auf keinen Fall lange mit dem Brennen warten. Der Hühnerstall in Sachsenkam ist für die Produktion längst viel zu klein geworden. Jetzt steht die Destille in einem eigens errichteten Haus, das sich noch im Rohbau befindet. Im Erdgeschoss sollen ein Hofladen, die Imkerei und die Schaubrennerei entstehen. Im ersten Stock ist viel Platz für Verkostungen. Darüber hinaus bieten sich die Räume auch für Seminare an, erklärt Georg Hartmannsegger. "Der Südostbayerische Verband der Obst- und Kleinbrenner sucht immer wieder Räumlichkeiten für fünf bis sechs Schulungen im Jahr", sagt er.

Mittlerweile beliefern die Hartmannseggers auch Hotels und Gaststätten. Die Nachfrage ist groß: "Wir haben unseren Schnaps schon nach Berlin oder Hamburg verschickt", erzählt Margret Hartmannsegger. In diesem Jahr sind sie mit ihren Edelbränden auch auf Weihnachtsmärkten in Walgau, Unterhaching, Schaftlach und Reichersbeuern vertreten.

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