Süddeutsche Zeitung

Neueröffnung am Samstag:Klappe zu, Dörfler auf

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Die traditionsreiche Geretsrieder Klarinettenmanufaktur hat umgebaut. Das gute alte Handwerk sei wieder mehr gefragt, sagt die Juniorchefin

Von Melanie Kraus, Geretsried

Vorsichtig fährt Angelika Dörfler mit ihren Fingern über ein längliches, silbern glänzendes Metallstück. Es ist kaum größer als eine Büroklammer und fügt sich, neben zahlreichen weiteren Teilen verschiedenster Formen, zu einem filigranen Muster auf dunklem Holz. Dieses kleine Silberplättchen ist eines von "leicht über 100 Einzelteilen", die bei der Herstellung einer Klarinette verbaut werden, sagt Dörfler, die zusammen mit Vater Roland und Mutter Beatrix die Klarinetten-Manufaktur und Meisterwerkstatt im Süden Geretsrieds betreibt. Die Mechanik und damit die vielen einzelnen Metallteile zu verbauen sei die Hauptarbeit des Handwerks, erklärt die 47-Jährige. Wenn sie über ihr Wirken in der Manufaktur spricht, vergleicht sie die Instrumente gerne mit Autos: Fertigungsdauer und Preis richten sich danach, wie aufwendig die Mechanik ist, die verbaut wird. Das sei quasi die modellabhängige "Sonderausstattung". Zwischen 17 und 32 Klappen kann eine Klarinette je nach Kundenwunsch haben, erklärt die Juniorchefin und fügt schmunzelnd hinzu: "Es ist ja jetzt nicht so, dass deswegen ein Ton weniger auf dem Instrument wäre."

Die Fertigung einzelner Klarinetten in Handarbeit soll wieder zum Schwerpunkt des Familienunternehmens werden. Deswegen haben Dörflers umgebaut: Blütenweiße Wände strahlen in einem ansonsten noch kargen Raum. Es riecht frisch gestrichen, auf einem modernen Holztisch in der Mitte liegen Klarinettenkörper aus afrikanischen oder mittelamerikanischen Edelhölzern, vor den fast raumhohen Fenstern sind schlichte Regale angebracht, in denen Notenbücher liegen. "Den Umbau haben wir nach Möglichkeit selbst in die Hand genommen", sagt Angelika Dörfler. Die Maler- und Schreinerarbeiten habe die Familie allerdings an Profis vergeben, denn "im Geschäft ist genug zu erledigen und bissel was sollen andere ja auch zu tun haben".

Die Neugestaltung der Geschäftsräume stehe unter dem Motto "Back to the roots" - damit besinne sich der Betrieb der Wurzeln der Klarinetten-Manufaktur, erklärt die Holzblasinstrumentenmachermeisterin. Denn schon ihr Urgroßvater habe, nach seiner Vertreibung aus dem Sudetenland, von 1946 die Instrumente an in der Gartenhütte auf der gegenüberliegenden Straßenseite gefertigt und repariert, berichtet sie. 1951 sei er in das heutige Gebäude umgezogen, in dem die Dörflers seither geblieben sind. Eine Generation, nämlich die ihres Großvaters, habe sich kurz dem Schusterhandwerk zugewandt, so die Juniorchefin. Ihr Vater aber sei zur Instrumentenfertigung zurückgekehrt. Damit sind die Dörflers die einzige Meisterwerkstatt für Holzblasinstrumente in Geretsried. Neben der Manufaktur reparieren sie in ihrer Werkstatt auch Oboen, Flöten, Saxofone oder Fagotte.

Die Inneneinrichtung der Verkaufsräume ist komplett umgebaut worden: Wo früher Gitarren an der Wand hingen, soll nun bald ein großes Bild Platz finden; das vor einigen Jahren etablierte Vollsortiment wird wieder auf das Wesentliche, einen Showroom und den Instrumentenverkauf, reduziert. "Als nach dem Boom der Achtziger- und Neunzigerjahre, in denen jeder eine Klarinette wollte, die günstigeren chinesischen Fabrikate kamen, mussten wir unser Sortiment erweitern. Mittlerweile aber fragt die Gesellschaft wieder mehr handgefertigte Qualitätsarbeit nach."

Das zeigen auch die Verkaufszahlen: 20 bis 30 Klarinetten fertigen Vater und Tochter pro Jahr. Die veränderte Nachfrage und auch die Tatsache, dass die Familie nicht mehr vom Preisdruck des Onlinehandels abhängig sein wollte, seien Gründe für den Um- und Ausbau der Geschäftsräume gewesen, sagt Angelika Dörfler. Das Handwerk sei eben nicht vergleichbar mit Angeboten aus dem Internet, was es der Familie erspare, dass ihnen "graue Haare von der Diskussion mit Kunden wachsen, nur weil Produkte im Internet zwei Euro günstiger sind", erklärt Angelika Dörfler.

Die Eigenfabrikate der Klarinettenbauer kosten zwischen 2500 und 6000 Euro - je nach Kundenwunsch. Für eine Klarinette benötige man circa 60 bis 90 Arbeitsstunden, sagt Seniorchef Roland Dörfler. Wie viele Fabrikate die Dörflers schon produziert haben, können sie nicht mehr zählen. Seit den Sechzigerjahren müssen die Instrumente mit Seriennummern versehen werden, sagt Dörfler Senior. Diese seien mittlerweile im vierstelligen Bereich. Auch prominente Kundschaft bestellt bei der Manufaktur: Max Herzog in Bayern oder der südafrikanische Komponist und Musiker Abdullah Ibrahim haben ihre Instrumente bei Dörflers richten lassen. Landrat Josef Niedermaier spielt eine Klarinette aus der Geretsrieder Fertigung und wird zur Feier am 13. Mai kommen.

Neueröffnung Musikhaus Dörfler: Samstag, 13. Mai, 10 bis 15 Uhr, Musik und Tanz, Ammerseeweg 7, Geretsried

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Quelle:
SZ vom 10.05.2017
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