Süddeutsche Zeitung

Nachnutzung in Icking:Wohnen in der Reitschule

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Architekt Georg Tahedl stellt seine neuen Pläne für das Gelände der abgebrannten Halle in Icking vor. Dort sollen nun fünf Wohnhäuser und ein Bürokomplex entstehen. Die Bürger haben bislang noch ein gespaltenes Verhältnis zu dem Bauvorhaben

Von Marie Heßlinger, Icking

Was wird aus dem Gelände der abgebrannten Reithalle? Am Donnerstagabend hat Bürgermeisterin Margit Menrad (Unabhängige Bürgerliste Icking) Pläne für eine Bebauung vorgestellt. Die Reaktionen darauf sind sehr unterschiedlich: Viele Ickinger geben sich bei der Diskussionsrunde skeptisch, manch andere dagegen reagieren begeistert.

Georg Tahedl hat als Architekt die Bebauung des 12 000 Quadratmeter großen Geländes östlich der Bahngleise geplant. Ganze sechs Varianten präsentiert er den Bürgerinnen und Bürgern im Rathaussaal - die sechste ist die aktuelle, mit der er die Wünsche des Gemeinderates und die Empfehlungen der Regierung Oberbayern zu berücksichtigen versucht hat. "Das ist die nicht mehr so massive Bebauung", erklärt Tahedl.

Das Gelände der ehemaligen Reitschule gliedert sich in zwei Teile: Im Süden, wo einst die Reithalle stand, sollen fünf Wohnhäuser entstehen. In der vorderen Reihe in Richtung Isarweg drei Häuser mit Tiefgarage, in der hinteren Reihe zwei ohne Keller. Um die 38 Wohnungen, zwischen 37 und 80 Quadratmetern groß, sollen darin Platz finden. Die Gemeinde will die Hälfte dieser Wohnungen selbst vermieten, möglichst zu einem günstigen Preis von 10,50 Euro pro Quadratmeter. Sollte sie keine Mieter finden, soll das Belegungsrecht an Grundstückseigentümer Johann Abfalter zurückgehen. Die geplanten Wohnungen nehmen nur 1440 Quadratmeter Grundfläche ein, während durch die Reithalle 2380 Quadratmeter bebaut waren. Der südliche Teil des Geländes soll somit grüner werden als zuvor.

Im nördlichen Teil des Grundstücks stehen alte Stallungen und eine Logierhalle. Sie sollen einem L-förmigen Bürokomplex weichen. Tahedl beschreibt ihn als "ein modernes, lichtdurchflutetes zweistöckiges Gebäude." Es ist jedoch jenes Gebäude, an dem sich die Bürgerinnen und Bürger stoßen. Sie empfinden es als "zu wuchtig". "Müssen diese Büros denn sein?", heißt es mehrfach aus dem Publikum. Ein Unternehmer steht auf, er heißt Thomas Duschl: "Uns würde es sehr freuen, weil wir hier bleiben wollen", sagt Duschl. Seine Firma "Vallen Systeme" sei so stark gewachsen, dass er dringend neue Räume brauche. Im schlimmsten Fall müsse er Icking verlassen. Menrad stimmt ein und gab dem Publikum zu bedenken, dass die Gewerbesteuer eine wichtige Einnahmequelle sei. Die Einwände der Bürger werde man jedoch berücksichtigen. Zeitdruck gebe es nicht.

Viele, aber nicht alle Anwesenden befürchten, dass der Bürokomplex zu massiv ausfallen könnte. Jene Ickinger mit direktem Blick auf das Gelände loben das Konzept: "Das ist deutlich besser als ich es jemals gedacht habe", sagt ein direkter Anrainer.

Bauherr Johann Abfalter hört sich die Diskussion still an. Als Chef der Bio-Mineralwasserfirma "St. Leonhardsquelle" hatte er ursprünglich vorgesehen, auf dem Gelände eine Abfüllanlage für Quellwasser zu integrieren. Damit war er auf Widerstand bei der Gemeinde gestoßen. "Was soll man immer gegen den Strom schwimmen, das ist es nicht wert", sagt er nun. Er plane, das Wasser durch Leitungen unter der Isar wegzuführen. Wohin und wann - das ist noch unklar. Verheißungsvoll verspricht er aber: "Die Entnahme von Wasser werden Sie nicht hören und nicht sehen."

Wie die Abfüllanlage ist auch die ursprünglich vorgesehene Kindertagesstätte aus dem Bauplan gestrichen. Der Kindergarten, der Interesse zum Umziehen bekundet hatte, könne nun doch in seinen alten Räumen bleiben, sagte Menrad. "Aber so wie ich das jetzt aus dem Publikum gehört habe, sind die Wohnungen eh zu klein für Familien mit Kindern", fügte sie hinzu.

Den Vorschlag einer Bodenuntersuchung auf Asbest nimmt die Bürgermeisterin dankend an. Abfalter nickt an dieser Stelle beruhigend. Die Reithalle war schließlich mit Asbestplatten bedeckt gewesen. Im Juli 2018 brannte sie ab. Zwei von acht Bewohnern kamen dabei ums Leben. Die meisten Überlebenden haben mittlerweile neue Sozialunterkünfte gefunden. Einer wisse jedoch noch nicht sicher, wo er im Winter unterkommen werde, sagt Menrad. Momentan wohne er in einem Wohnwagen südlich des Bauhofs.

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Quelle:
SZ vom 23.11.2019
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