Süddeutsche Zeitung

Nachlese:Vielfache Auferstehung

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Rolf Merten rückt die Wolfratshauser Brückenmadonna in den Blickpunkt.

Von Stephanie Schwaderer

Mit seiner 21 Zentimeter kleinen Brückenmadonna hat Rolf Merten (), langjähriger Geschäftsführer der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung "Inselhaus", einen großen Stein ins Rollen gebracht. Noch in diesem Monat will das staatliche Bauamt Weilheim das Original, Anton Ferstls "Maria mit Kind", an ihren ursprünglichen Platz auf der Marienbrücke bei Wolfratshausen zurückholen. Fanatiker hatten sie im Juni 1991 in die Isar gestürzt; seither waren Mutter und Kind ins Gebüsch am Flussufer verbannt gewesen.

SZ: Herr Merten, werden Sie dabei sein, wenn die Madonna aus der Versenkung geholt wird?

Rolf Merten: Natürlich! Ich stehe in Kontakt mit Martin Herda vom staatlichen Bauamt in Weilheim. Er hatte nach der Berichterstattung in der SZ die alten Unterlagen angefordert und dann Kontakt zum Wolfratshauser Bürgermeister aufgenommen. Seine Idee war es, die Skulptur wieder auf die Brücke zu holen.

SZ: Sie wiederum haben mit Ihrer Kunstaktion den Anstoß dazu gegeben. Was war Ihre Intention, als Sie die kleine Replik in Auftrag gegeben haben?

An dieser Figur habe ich schon lange meine Freude. Sie verkörpert in meinen Augen ein modernes Frauenbild, wie es innerhalb der Kirche der Bewegung Maria 2.0 entsprechen könnte. Ich sehe eine junge Mutter, die selbstbewusst im Leben steht, beziehungsweise sitzt, und nicht nach alten Mustern funktioniert. Mir ging es vorrangig um die Kunst; ich wollte nicht, dass frühere Bedenkenträger in dieser Sache das letzte Wort behalten. Mittlerweile ist es fast 30 Jahre her, dass diese Maria in die Isar gestoßen wurde. Ich hatte den Wunsch, sie in einer Vielfalt wieder auferstehen zu lassen.

Wie viele Bestellungen sind bislang bei Ihnen eingegangen?

Die Resonanz auf die Berichterstattung war überwältigend. Ich habe um die 70 Mails bekommen. Einige Leute haben geschrieben: Jedes Mal, wenn ich über diese Brücke fahre, muss ich an die Geschichte denken. Bestellungen sind es nun an die 30, sie kommen bis aus Österreich, Berlin und Mosambik. Die Bronzen werden gerade in Höhenrain gegossen.

Was kostet eine Mini-Madonna?

490 Euro, die Erben des Künstlers und die Gießerei kommen mir da sehr entgegen. Vergleichbare Bronzen sind sonst um einige hundert Euro teurer.

Es gibt den Vorschlag eines Wolfratshauser Bürgers, die Madonna aufs Weidacher Wehr zu setzen. Was halten Sie davon?

Es freut mich sehr, dass über die Skulptur wieder gesprochen wird. Aber das Wehr wäre für mich kein alternativer Standort. Diese geweihte Maria wurde von Anton Ferstl für die Marienbrücke geschaffen. Deshalb gehört sie in meinen Augen auch dort hin. Aber natürlich spräche für mich nichts dagegen, eine große Kopie dieser schönen Madonna in der Mitte der Stadt aufzustellen, zum Beispiel auf dem Rathausplatz.

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Quelle:
SZ vom 05.08.2020
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