Süddeutsche Zeitung

Nach dem Konzert in Schäftlarn:Ein imposantes Instrument

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Bei einer Orgelführung lernen Besucher viel dazu

Das sogenannte Große C der Orgel in der Klosterkirche in Schäftlarn ist so tief, dass die Zuhörer ob dieser Tongewalt kurz die Luft anhalten. Beim höchsten Ton dieses Instruments hingegen ist nur ein kümmerliches Fiepen zu vernehmen. Doch die 34 Register dieser berückend schönen Orgel im Rokokostil bieten noch viel mehr. Das entlockt diesem Instrument der Organist Christian Bischof bei der Orgelführung nach dem Abschlusskonzert der Matineereihe. Und die rund 30 Teilnehmer staunen: Verblüffend echt klingendes Vogelgezwitscher bringen einige Pfeifen zustande, und analog dazu formuliert der Organist die bekannte Melodie des Vogelhändlers aus Mozarts Oper "Die Zauberflöte".

Gebaut hat diese Orgel Anton Bayr um das Jahr 1762 herum, als viele Klöster hier in der Gegend ihre Gotteshäuser barockisierten und für die Kirchenmusik auch so ein wohltönendes Instrument von Meister Bayr besitzen wollten. "Diese Orgel lebt, sie atmet und klingt nicht so steril wie manche der heutigen Orgeln, und sie ist ein Kunstschatz", sagt Bischof, der in der Region wohnt, hauptsächlich in München wirkt, aber auch viele Gastspiele in ganz Europa und den USA gibt. Das erste Mal gehört hat er sie bei der Taufe seines Sohnes und war sofort verliebt in diese Orgel. Er fragte bei den Patres nach, wofür dieses Instrument eingesetzt werde, und erfuhr, dass es lediglich bei Gottesdiensten zu hören sei. Das war Bischof zu wenig der Ehre. Kurzerhand begründete er 2018 die Orgelmatineen Kloster Schäftlarn - mit großem Erfolg.

Intensiv hat sich der Organist mit dem Schäftlarner Instrument beschäftigt und erzählt, dass die Orgel gut 2000 Pfeifen aus Holz oder Metall besitzt, von denen freilich nur die sogenannten Prospektpfeifen zu sehen sind und damit das Gesicht des Instruments bilden. Der Großteil steht im Orgelgehäuse, und manche der Pfeifen sind bis zu 30 Zentimeter dick und viele Meter hoch. Kalkanten, die per Hand für den Wind (bei Orgeln sagt man nicht Luft) sorgen, die gibt es nicht mehr. Wohl aber die langen Seile, an denen die vier mächtigen Blasebälge aufgezogen wurden. Heute jedoch übernimmt dies eine dezent brummende Maschine in einem Raum hinter der Orgel.

Doch vieles ist noch mit der Hand zu bedienen wie die Register für den Tonumfang der Orgel, die von Tremulant über Sub Bass bis Cello, Trompeten, Flöten und viele andere Klangfarben reicht. Für Mendelssohns Orgelsonate Nr. VI in d-Moll hat Bischof jedoch Assistenten gebraucht: Er musste für dieses opulente Werk immer wieder fast alle Register ziehen. Zu viel für nur zwei Musikerhände.

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SZ vom 03.09.2019 / szb
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