Süddeutsche Zeitung

SZ-Serie "Kleines Glück":Zäsur in der Gemütlichkeit

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Gabriele und Willi Hoffmann aus Bad Tölz führen den Bistro-Kiosk direkt am See in Ambach. Allerdings nicht mehr lange, denn nach dieser Saison geben sie den Betrieb ab. Vieles habe sich im Laufe der Jahre geändert, die Kundschaft werde immer anspruchsvoller. Doch Stammgäste wissen das lauschige Plätzchen am See noch immer zu schätzen.

Von Silver Lucia Breitkopf, Münsing

Obwohl der Himmel bedeckt und es nicht allzu warm ist, sind die Gartenstühle vor Ambachs kleinem Bistro-Kiosk direkt am Starnberger See voll besetzt. Eine Gruppe Wanderer, die eine Rast einlegt, ein älteres Pärchen beim Nachmittagskaffee. Einem kleinen Jungen ist sein Eis herunter gefallen, er weint, die Familie drängt zum Aufbruch. Gabriele Hoffmann, die Betreiberin des Kiosks, räumt die Spülmaschine ein. "So langsam reicht's uns" sagt sie. Zusammen mit ihrem Mann Willi Hoffmann betreibt sie den Kiosk seit 2014. Zuvor hatte ihn ihr Mann fünf Jahre alleine betrieben. Die Kunden stellten immer höhere Ansprüche an den kleinen Kiosk, dem sie nicht gerecht werden könnten. "Snacks für den kleinen Hunger bieten wir an, mehr nicht. Apfelstrudel, Gebäck, Weißwürste, Knabberzeug. Für mehr haben wir hier auch keine Kapazitäten", rechtfertigt sich Hoffmann. Vor ein paar Jahren, seien die Gäste nicht so anspruchsvoll gewesen, da sei der Umgang irgendwie noch ein anderer gewesen.

Da der Bistro-Kiosk an das Ferienhaus Strobel gebunden ist, öffnen sie genau wie auch das Haupthaus um Ostern rum und schließen nach Ende des Sommers wieder. Allerdings hatten sie in den vergangenen Jahren während der Wintermonate immer sonntags geöffnet. Viele Stammkunden seien gekommen und hätten sich in der winzigen Stube gedrängt. "Gemütlich war das immer", sagt Gabriele Hoffmann mit einem Lächeln. Neben der Sitzecke befindet sich ein Regal, das mit einer stattlichen Auswahl an Weinen und Whiskeys bestückt ist. Es fällt nicht schwer, sich einen kalten Winterabend vorzustellen, an dem sich die Stammgäste in dem kleinen warmen Raum tummeln, jeder mit einem Glas Wein in der Hand.

Aber die Zeiten gehen so langsam dem Ende zu. Nach dieser Saison geben ihr Mann und sie den Kiosk ab, vermutlich wird ihn ein neuer Pächter übernehmen. Der Tourismus, die Tagesgäste, Urlauber und Spaziergänger seien immer weniger geworden über die Jahre. Ohne die Stammgäste, die das Ehepaar aus Bad Tölz auf Trab halten, sähe es mau aus, berichten sie. Die vielen Fahrradfahrer, die um den Starnberger See rauschen, haben offenbar keine Zeit für ein Päuschen. Sie flitzen an dem Bistro-Kiosk vorbei, nehmen ihn vielleicht gar nicht wahr. Sie haben nur das Ziel vor Augen.

Dabei ist es ein liebliches Plätzchen: Die Sitzecke vor dem Haus lädt zum verweilen ein, die gestreifte Markise schützt vor der Sonne und in den Blumenkästen blühen rote Geranien. Mit seiner Lage und dem Blick auf den Starnberger See kann der Kiosk außerdem punkten. Wem der See zu langweilig ist, kann die Leute beobachten, die auf der Seeuferstraße entlang flanieren. Auch innen ist der Kiosk freundlich eingerichtet, hier gibt es Postkarten zu kaufen, Zeitungen, Süßigkeiten und eben besagte Kleinigkeiten zu essen. "Schade, dass das Wetter heute so grau ist, sonst wäre hier noch mehr los", sagt Gabriele Hoffmann und sammelt schmutzige Teller ein. Sie muss weiter die Spülmaschine einräumen.

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Quelle:
SZ vom 06.09.2019
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