Süddeutsche Zeitung

Lokale Agenda Eurasburg:Zum Schutz vor dem großen Nager

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Mitglieder haben wertvolle Bäume am Isar-Loisachkanal bei Bruggen mit Drahtgittern vor dem Biber abgesichert

Von Benjamin Engel, Eurasburg

Lässt sich das größte Nagetier Europas vor allem an kleinen Gewässer nieder, wächst die Artenvielfalt. "Der Biber schafft sich seinen Naturraum selbst", sagt Wolfgang Neuerburg, ehemaliger Forstdirektor und Vorsitzender der Lokalen Agenda 21 in Eurasburg. Durch die Dämme, die er baue, würden Flächen lokal überflutet, auf denen sich seltene Tier- und Pflanzenarten ansiedeln könnten. Insofern verdient der Biber für Neuerburg den Preis für die beste Naturraumgestaltung. An manchen Stellen wie etwa beim Isar-Loisachkanal zwischen Bruggen und Baierlach wirft das Nagetier für Land- und Forstwirte jedoch auch Probleme auf. Dort hat der Biber vor allem Eichen und Ahorne so stark geschädigt, dass die Bäume absterben werden. Daher hat die Lokale Agenda 21 den weiteren Baumbestand mit Drahtgittern geschützt.

Dafür waren Helfer an zwei Samstagen im Dezember nördlich von Bruggen unterwegs, um noch gesunde Eichen, Bergahorne und Buchen zu erhalten. Im Ufergebiet des Kanals umwickelten die Agenda-Mitglieder Exemplare mit Drahtgitter, so dass der Biber nicht mehr am Stamm nagen kann. Für etwa 20 bis 30 Bäume reiche das vom Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen gestiftete Material, berichtete Neuerburg. Mit ihrer Aktion wolle die Eurasburger Agenda zur Nachhaltigkeit beitragen. Es gehe darum, dass Land- und Forstwirte den Biber akzeptieren können, auch wenn durch die Tiere wirtschaftliche Schäden entstehen, sagt er.

Beidseits des Isar-Loisachkanals nördlich der Brücke bei Bruggen hat der Biber in jüngster Zeit vor allem Eichen stark beschädigt. Das sei problematisch, weil diese Baumart im Gegensatz zu Weiden oder Aspen nicht mehr aus dem Stock austreibe, wenn das Tier den Stamm stark annage, schildert Neuerburg. Mit der Eiche sterbe eine an wärmeres Klima gut angepasste und damit zukunftsrelevante Baumspezies ab, sagt der frühere Forstdirektor.

Die Schäden zeigen sich besonders im Winter. Im Sommer fressen Biber hauptsächlich Gras und Kräuter. In der kalten Jahreszeit dagegen müssen sie auf alternative Nahrungsquellen ausweichen. Wer auf dem Dammweg des Isar-Loisachkanals gehe, bemerke am Stammfuß einzelner Bäume helle Stellen, erzählt Neuerburg. Schaue man näher hin, sei zu erkennen, dass Biber die Exemplare angenagt und gefällt hätten. Das mache das Nagetier aber nicht, um an das Holz zu kommen, sondern an die Rinde der Zweige. "Das ist im Winter nämlich seine Nahrungsquelle, ohne die er nicht überleben würde", sagt Neuerburg. Normalerweise bevorzuge der Biber Weiden, Pappeln und Aspen. Fehlten diese Arten oder existierten nur wenige Exemplare, weiche das Tier auf weitere Baumarten aus.

Biber sind streng geschützte Tiere. Wer Exemplare fängt, verletzt oder tötet, muss mit hohen Bußgeldern rechnen. Nur in Ausnahmefällen können Landratsämter den Abschuss eines Tiers erlauben, wenn Gefahr für Leib und Leben droht. In Kochel am See wurde das etwa genehmigt, weil die Wildtiere den Bahndamm untergruben. In Konflikten vermitteln auch Biberberater zwischen Landwirten und Naturschützern.

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SZ vom 05.01.2021
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