Süddeutsche Zeitung

Lenggries:Kurzurlaub in der Kaminstub'n

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Das Trio "Vielsaitig" nimmt seine Gäste mit nach Irland, Venezuela und Griechenland

Von Thekla Krausseneck, Lenggries

Harfen, Hackbretter und Flöten: Mehr brauchen die drei jungen Musikerinnen von Vielsaitig nicht, um einen kleinen urbayerischen Veranstaltungsraum in eine vom Wind zerzauste irische Hügellandschaft zu verwandeln. Oder in ein sonniges Dorf in Griechenland. Oder in eine bunte Weihnachtsparade im südamerikanischen Venezuela - wo das Fest zwar auch am 24. Dezember gefeiert wird, jedoch mitten im Hochsommer. Vor etwa 30 Gästen haben Lisa Schöttl, Anne Voß und Christine Horter am Freitagabend im KKK Lenggries ihre Instrumente aufgebaut, um dann gut zwei Stunden lang musikalisch um die Welt zu reisen. Zwei Stunden, die so wunderbar kurzweilig und unterhaltsam geraten, dass sie so schnell vergehen wie ein schöner Urlaubstag.

Wenn es nicht gerade um die Welt geht, berichten die drei Frauen von ihrem persönlichen Bezug zur Musik. So erfährt man, dass Christine Horter mit sechs Jahren angefangen hat, Harfe zu spielen. Mittlerweile besitzt sie eine ansehnliche Sammlung an Harfen. Ein besonders großes Exemplar hätte an diesem Abend zum Einsatz kommen sollen - erwies sich dann aber als zu sperrig für die Bühne. Zuhause bleiben musste eine Harfe aus Paraguay, die mehr und feinere Saiten hat als ihre europäischen Schwestern und nicht mit den Fingern, sondern mit den Fingernägeln gezupft wird. Aber Horter ist flexibel: Ein paraguayisches Stück spielt sie kurzerhand auf der keltischen Harfe. So richtig entfalten kann sich das irische Instrument jedoch erst bei dem englischen Volkslied "Scarborough Fair", in einer extra für die keltische Harfe verfassten Version.

Immer wieder kehrt das Trio musikalisch nach Irland zurück. Lisa Schöttl, die an der Hochschule für Musik und Theater in München Blockflöte und Gesang studiert, interpretiert "Fields of Athenry", ein Volkslied von der grünen Insel, das die Tragödie der Hungersnot im 19. Jahrhundert aufleben lässt. In der Geschichte stiehlt ein Vater Hafer für seine Familie, woraufhin er gefasst, eingesperrt und nach Australien verschifft wird: "Low lie the fields of Athenry / Where once we watched the small free birds fly", heißt es in dem Stück.

Beschwingt kommen zwei Weihnachtslieder daher, das eine - "Für unsere Ohren gar nicht als Weihnachtslied zu erkennen", sagt Schöttl - aus Venezuela, wo das Fest als große Party gefeiert werde. Das andere stammt aus dem russisch-orthodoxen Georgien, das einen ungewöhnlichen Brauch pflegt: An Weihnachten gehe man dort auf die Straße und drücke dem ersten, den man treffe, ein kleines Geschenk in die Hand. Zwischen den musikalischen Stücken leuchtet ein wenig Lyrik. Schöttl trägt eine Übersetzung des französischen Chansons "Youkali" von Kurt Weill vor, das von einem traumhaften Land der Liebe und Hoffnung erzählt, welches gar nicht existiert; nach der Übersetzung beglückt die Mezzosopranistin ihre Zuhörer noch mit der Originalversion, diesmal gesungen. Aus den USA kommt ein sehr kurzes Stück der experimentellen Jazz-Musikerin und Harfenistin Deborah Henson-Conant - die vor Energie sprühende Komponistin soll die Harfe in den Jazz gebracht haben und darf daher im Programm nicht fehlen.

Zwei Zugaben spendieren die vielseitigen Musikerinnen ihrem Publikum: den "First Spanish Dance" - und ein bayerisches Schlaflied. Man versucht zwar, die Damen mit einem stürmischen Applaus noch zu einer dritten Zugabe zu bewegen, doch die gibt es leider nicht mehr.

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Quelle:
SZ vom 06.12.2016
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