Süddeutsche Zeitung

Lenggries:Nach dem Sprung ins kalte Wasser

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Seit rund 100 Tagen ist Stefan Klaffenbacher nun Bürgermeister von Lenggries. Den Schritt in die Politik bereut der 34-Jährige nicht, auch wenn die Aufgaben komplexer als gedacht sind.

Von Petra Schneider, Lenggries

Plötzlich Bürgermeister - so könnte man das im Fall von Stefan Klaffenbacher wohl formulieren. Denn nach dem überraschenden Tod von Markus Landthaler im Juni dieses Jahres schickten die Freien Wähler den jungen Familienvater und Maschinenbaumeister, der bis dahin noch kein politisches Mandat bekleidet hatte, ins Rennen. Klaffenbacher wurde am Sonntag, 13. September, überraschend klar gewählt, am Montag darauf trat er sein neues Amt an. Ein Sprung ins kalte Wasser. Die ersten 100 Tage sind nun um, und die persönliche Bilanz des 34-Jährigen fällt positiv aus: "Ich bereue es nicht", sagt Klaffenbacher in seiner unaufgeregten Art.

Die neue Aufgabe sei nicht einfacher als gedacht, "aber ich habe gewusst, dass das eine große Herausforderung ist". Vor allem die "rechtlichen Sachen" seien sehr komplex. Aber er fühle sich inzwischen recht sicher, "auch wenn da natürlich immer noch Luft nach oben ist." Vizebürgermeister Franz Schöttl (CSU) habe sich etliche Wochen Zeit genommen, um ihn einzuarbeiten, auch die Mitarbeiter in der Verwaltung arbeiteten sehr professionell. Die bisher größte Herausforderung? Da muss Klaffenbacher nicht lange überlegen: Corona. Neun Mitarbeiter in der Verwaltung waren Ende November infiziert, auch Klaffenbacher selbst. Mit der Konsequenz, dass die Arbeit im Rathaus einige Wochen auf Sparflamme lief und Sitzungen verschoben oder wegen des aktuellen Lockdowns abgesagt wurden. Zehn Tage war Klaffenbacher mit leichten Grippesymptomen in Quarantäne. Er habe die Infektion gut überstanden, sagt er. Auch die betroffenen Mitarbeiter seien alle "gut durchgekommen".

Dass Corona auch die gemeindlichen Finanzen befällt, ist wohl nicht zu vermeiden. "Wir werden auf die Bremse treten müssen", sagt Klaffenbacher. Gleich im neuen Jahr steht das größte Projekt der Gemeinde auf der Tagesordnung: Der Neubau des Pflegeheims. Dass die Kalkulation von rund 20 Millionen Euro ausgeht, will Klaffenbacher nicht als "Kostenexplosion" verstanden wissen, denn bis dahin habe es lediglich grobe Schätzungen gegeben, die bei rund zwölf Millionen Euro lagen. Das Pflegeheim werde noch einmal auf den Prüfstand gestellt, sagt er knapp. Auch die Ortskernsanierung will Klaffenbacher in Angriff nehmen, ebenso den Radschnellweg an der B 13 Richtung Bad Tölz. Beim Radweg Lenggries-Jachenau steht das Landschaftsgutachten an, und die Gemeinde will in den Grunderwerb einsteigen. Als einen Schwerpunkt im kommenden Jahr sieht der Bürgermeister den Tourismus. Das Ziel: "Die Tagesausflügler lenken". Dabei arbeite man mit Tourismusverein, Werbegemeinschaft und der "Freizeitarena Brauneck" zusammen. Dass man in Kochel über einen Kurbeitrag auch für Tagestouristen nachdenkt, findet Klaffenbacher grundsätzlich gut, "aber in der Umsetzung problematisch". Leichter könne man aus seiner Sicht einen Beitrag über Parkgebühren erheben. Derzeit würden diese im Ortsteil Fall überarbeitet.

Viele Aufgaben und schwierige Zeiten, "aber mir macht das Spaß", sagt Klaffenbacher. Nicht immer seien alle Termine angenehm. Und es komme natürlich vor, dass er von Bürgern mit einem Anliegen auf der Straße angesprochen werden, nach dem Motto: "Weil ich dich grade sehe...". Damit kann er leben. "Und geschimpft wurde ich auch noch nicht." Seine Frau und die beiden kleinen Kinder müssten freilich zurückstecken. Das gemeinsame Frühstück und, wenn es sich ausgeht, das Mittagessen daheim, das sei ihm wichtig, sagt Klaffenbacher. "Aber die Zeit mit der Familie ist auf alle Fälle weniger geworden."

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SZ vom 31.12.2020
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