Süddeutsche Zeitung

Kriminalität:Wolfratshausen sagt Ja zur Sicherheitswacht - Geretsried lehnt ab

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Die Bürger auf Patrouille sollen für noch mehr Ordnung sorgen. Bad Tölz und andere Orte interessieren sich bislang nicht für das Modell.

Von Wolfgang Schäl, Wolfratshausen

Braucht die Stadt Wolfratshausen, die als eine der sichersten im Oberland gilt, neben ihrer bewährten Polizei eine freiwillige Sicherheitswacht? Der neue Leiter der Wolfratshauser Inspektion, Andreas Czerweny, hatte im Rathaus für das Modell geworben, bei dem Bürger in der Stadt patrouillieren, um das Sicherheitsgefühl zu stärken. Am Dienstag hat der Stadtrat nach eingehender Debatte mit überraschend deutlicher Mehrheit von 21 zu drei Stimmen zugestimmt.

Bürgermeister zuvor Klaus Heilinglechner (BVW) warb für die Initiative. Alles bleibe in der Hand der Polizei, Kosten entstünden für die Stadt ja auch nicht. An einem Beispiel illustrierte Heilinglechner, wie so ein Einsatz aussehen könnte: Wenn mal wieder jemand "beim wilden Urinieren" ertappt werde, sei es für den Betroffenen "doch viel eindrucksvoller", wenn er nicht von einem beliebigen Passanten, sondern von einem offiziell befugten Sicherheitswärter, der sich ausweisen könne, zur Rede gestellt werde. Dieser dürfe im Fall des Falles dann auch Anzeige erstatten.

In anderen Städten halten die Politiker eine Sicherheitswacht für nicht nötig: Der Geretsrieder Stadtrat hat das Modell in nicht-öffentlicher Sitzung rundweg abgelehnt, sagt der dortige Polizei-Vize Emanuel Luferseder. In Bad Tölz sei noch kein Interesse zu erkennen, sagt Dienststellenleiter Bernhard Gigl. Andere Gemeinden sind noch nicht auf die Inspektionen zugekommen, obwohl Polizeipräsident Robert Kopp eindringlich für die Sicherheitswacht im Landkreis geworben hatte.

Skeptisch zeigte sich in Wolfratshausen die Stadträtin Roswitha Beyer (SPD). Die Stadt habe kein Sicherheitsproblem und die Polizei verständigen könne doch jeder einfache Passant ebenso gut. "Was wir brauchen, sind insgesamt mehr gut ausgebildete Polizisten", sagte Beyer, die damit auf Widerspruch ihrer Fraktionskollegin Gerlinde Berchtold stieß. Denn das Gefühl der Mitverantwortung und des Mitgefühls sei bei den Bürgern heute nicht mehr so ausgeprägt wie früher. Als Beleg dafür führte Berchtold den tragischen Fall des Dominik Brunner an, der im September 2009 bei seinem mutigen Versuch, in Solln einen S-Bahn-Fahrgast vor Schlägern zu schützen, selbst zu Tode gekommen war. Solche Ereignisse könnten dazu führen, dass die Hilfsbereitschaft "in Angst umschlägt". Deshalb sei es gut zu wissen, dass da "ehrenamtliche Personen mal genauer hinschauen" und dort eingesetzt werden könnten, "wo Not am Mann ist". Ähnlich sah es Annette Heinloth von den Grünen: Czerweny sei "ein sehr engagierter und vertrauenswürdiger Polizeichef", deshalb könne man einen zeitlich auf ein Jahr begrenzten Versuch wagen.

Aus grundsätzlichen Erwägungen heraus lehnte Ulrike Krischke (BVW) einen Freiwilligen-Polizeidienst ab. "Die öffentliche Sicherheit ist Sache des Staates, und dabei sollte es auch bleiben." So sah es auch Hans Schmidt (Grüne): Man dürfe nicht "die Sicherheit outsourcen, um beim Polizeidienst für eine schwarze Null zu sorgen". Am Ende plädierte Fritz Schnaller (SPD) dafür, "die Chance einfach zu nutzen" - eine Position, die von einer beachtlichen Mehrheit geteilt wurde.

Die Polizei wird nun bis zu zehn Frauen und Männer im Alter zwischen 18 und 62 Jahren suchen, die 40 Stunden ausgebildet werden. Wie Czerweny bei der Vorstellung des Projektes im Juni betont hatte, soll dabei besonders der Umgang mit Menschen geübt werden, vor allem soll vermittelt werden, wie man in schwierigen Situationen zu einer Deeskalation beitragen kann. Die Mitarbeiter tragen keine Uniform, können sich aber mit einer Plakette ausweisen, ihr Einsatz soll auf 25 Stunden im Monat begrenzt sein und wird mit acht Euro pro Stunde bezahlt.

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Quelle:
SZ vom 13.07.2017
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