Süddeutsche Zeitung

Konzert:Russische Meister

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Die Neue Philharmonie strebt musikalisch ostwärts

Von Reinhard Szyszka, Icking

Das Meer toste, der Beifall nicht minder. Sechs Vorstellungen lang segelte Wagners "Fliegender Holländer" durch das Festspielhaus von Oberammergau. Und neben den Sängern, dem Regisseur und dem Dirigenten trug natürlich auch das Orchester wesentlich zum Erfolg bei: die Neue Philharmonie München, das Aushängeschild des Ickinger Vereins Musikwerkstatt Jugend unter seinem Vorsitzenden Franz Deutsch.

Man könnte es verstehen, würden sich der Verein und das Orchester nun auf ihren Lorbeeren ausruhen. Aber die Vorbereitungen für die Herbstkonzerte laufen schon auf Hochtouren. Nach Wagner und seinem nordisch-maritimem Holländer schweift diesmal der Blick ostwärts, nach Russland. Werke russischer Komponisten stehen auf dem Programm. Mit dieser Musik im Gepäck reist das Orchester zunächst nach Aserbaidschan, in die Heimat des Dirigenten Fuad Ibrahimov, und lässt sich in der Landeshauptstadt Baku hören. Dann geht es zurück nach Deutschland, denn am 29. September steht ein Konzert in der Loisachhalle Wolfratshausen an.

Die Neue Philharmonie München ist in Wolfratshausen und Umgebung keine Unbekannte. Das Orchester hat schon eine ganze Reihe hervorragender Konzerte in der Loisachhalle gespielt, teils unter Ibrahimov, teils unter anderen Dirigenten. Dabei ist die Neue Philharmonie gar kein festes Ensemble, sondern wird für jedes Projekt neu zusammengestellt. Aus ganz Europa reisen die 17- bis 30-jährigen Musiker - meist Jungstudenten und Studenten an Musikhochschulen - dazu an, nehmen an den intensiven Proben teil und studieren die Werke ein, die sie anschließend bei den Konzerten zu Gehör bringen.

Was lockt junge Künstler von weither für diese arbeitsreichen Wochen in den Münchner Raum? Finanzielle Anreize sind es gewiss nicht. Der Verein erstattet die Kosten und sorgt für Unterkunft und Verpflegung; eine Gage gibt es aber nicht. Es ist die Qualität des musikpädagogischen Konzepts, die außerordentliche Professionalität der Orchesterarbeit, die sich herumgesprochen hat. Kaum irgendwo sonst lernen angehende Orchestermusiker so viel für ihre Berufspraxis, und der hohe musikalische Rang der anschließenden Konzerte spricht natürlich ebenfalls für sich.

Das Programm am 29. September in der Loisachhalle beginnt mit der Ouvertüre zu "Ruslan und Ludmila" von Michail Glinka. Dieser Komponist gilt als der Vater der russischen Musik, weil er als erster Elemente der vielfältigen Volksmusik des riesigen Zarenreiches in die Kunstmusik aufnahm und Opern in russischer Sprache schrieb. Die Handlung von "Ruslan und Ludmila" ist eine wirre Räuberpistole, aber die Ouvertüre ist ein schwungvoll-schmissiges Stück, gerade richtig zur Einleitung eines festlichen Konzertabends.

Weiter geht es mit dem zweiten Klavierkonzert von Sergei Rachmaninoff, dem wohl bekanntesten, beliebtesten, melodischsten und schönsten aller vier Klavierkonzerte des Komponisten. Der äußerst diffizile Klavierpart ist Murad Adigezalzade anvertraut, einem versierten und international tätigen Pianisten, der ebenso wie Ibrahimov aus Aserbaidschan stammt.

Der Abend klingt aus mit der Suite Scheherazade von Nikolai Rimski-Korsakoff. Hier wird die Welt der Märchen aus Tausendundeiner Nacht lebendig mit eingängigen Themen, farbenfroher Instrumentation und exotischem Flair. Bei diesem Werk kommt die Klangpracht eines großen Sinfonieorchesters voll zur Geltung. Viele Musikfreunde stellen Scheherazade auf eine Stufe mit Mussorgskis Bildern einer Ausstellung als besonders gelungene Beispiele für sinfonische Dichtungen in der russischen Musik.

Ein vielversprechendes Programm also, was sich die Neue Philharmonie München da vorgenommen hat. Die jungen Musiker werden beim Einstudieren mit Feuereifer bei der Sache sein. Das Wolfratshauser Konzertpublikum kann sich dann von der erreichten Qualität überzeugen und einen Abend mit Meisterwerken der russischen Musik genießen.

Freitag, 29. September 2017, 20 Uhr, Loisachhalle Wolfratshausen: Neue Philharmonie München, Leitung Fuad Ibrahimov, Klavier Murad Adigezalzade: Glinka, Rachmaninoff, Rimski-Korsakoff. Einführung 19.15 Uhr, Karten bei München Ticket , Schüler/Studenten an der Abendkasse freier Eintritt.

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Quelle:
SZ vom 03.08.2017
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