Süddeutsche Zeitung

Königsdorfer Körpermalerin:Einfach goldig

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Die Königsdorfer Künstlerin Murml Gold hat bei den Weltmeisterschaften im Bodypainting jüngst den ersten Platz gemacht. Dabei hatte eine Lehrerin ihr einst geraten, das Malen besser sein zu lassen.

Von Silver Lucia Breitkopf, Königsdorf

Die angenehm kühle Pinselspitze kitzelt leicht auf der Haut. Murml Gold taucht den Pinsel erneut in das rote Farbtöpchen und während sie ein zartes Rosengewächs auf dem Arm entstehen lässt, erzählt sie von ihrem Coup.

Für das "World Bodypainting Festival" im österreichischen Klagenfurt, dem Treffen der besten Körpermaler der Welt, hat die Königsdorferin jüngst die "Gottesanbeterin" gemalt. Nicht jedoch auf einen Arm, einen ganzen Körper verwandelte Murml Gold in ein lebendes Kunstwerk. Mit ihrem Team, das aus Model Äva und Assistentin Alejandra Ott besteht, errang die 42-Jährige damit jüngst bei den Bodypainting-Weltmeisterschaften in der offenen Kategorie zum Thema "galaktischer Zoo" den ersten Platz.

Murml Gold ist freilich nicht ihr richtiger Name. Sie hat ihn sich mit 16 Jahren als Künstlernamen eintragen lassen. Dass dieser Name bei einer Weltmeisterschaft irgendwann tatsächlich einmal vergoldet werden würde, konnte man da noch nicht ahnen.

Der Weg zu ihrem außergewöhnlichen Erfolg als Bodypainterin verlief über Umwege.

Als Vorstandssekretärin einer Bank hatte sie für die Kunst viele Jahre keinen Platz in ihrem Leben. Erst als ihre älteste Tochter ins Grundschulalter kam und Gold das Kinderschminken anfing, brachte ihr das die Kunst wieder näher. Und so suchte sie sich immer größere Leinwände. Über das sogenannte Bellypainting, das Bemalen von Schwangerenbäuchen, kam sie schließlich zum Bodypainting. Seit der Entdeckung dieser Leidenschaft bietet sie Bodypainting in Kombination mit Fotoshootings an. Auch Kinderschminken oder Bellypainting kann man bei ihr buchen. Die Farben, die sie benutzt, sind wasserlöslich - und so lassen sich die Kunstwerke leicht wieder herunterwaschen.

Seit mittlerweile etwas mehr als vier Jahren tritt sie mit dem Bodypainting bei internationalen Wettbewerben an. Bei der diesjährigen Weltmeisterschaft in Klagenfurt waren Kollegen aus 50 verschiedenen Nationen vertreten, gegen die sich die Künstlerin durchsetzen musste. In die Jury-Bewertung flossen dabei zum einen die Wirkung der Gesamterscheinung ein, zum anderen spielte die Technik der Malerei eine Rolle, genau so wie die Interpretation des Themas.

Nur durch stundenlanges Üben war es möglich, bei der "Gottesanbeterin" die Proportionen anzupassen, die auf dem Papier ganz anders als auf einem menschlichen Körper sind. Bei der Meisterschaft dauerte es ganze sechs Stunden, bis Model Äva vollständig bemalt war, bis Kopfschmuck, Flügel und Arme befestigt waren und das lebende Kunstwerk auf die Bühne treten konnte. Dort hatte Gold 90 Sekunden Zeit, in denen sie der Jury ihre Idee und ihr Kunstwerk erklärte.

Wie Murml Gold auf ihr Motiv kam, ist eine eigene Geschichte. Bei Gartenarbeiten hatte sie sich an einem Rosenstock verletzt, wodurch sie für einige Zeit ihre Sehkraft verlor. Je mehr sie versuchte, ihre Augen anzustrengen, desto weniger gehorchten sie ihr. "Erst als ich meine Augen entlastet und das Sehen meinem Herzen überlassen habe, kamen allmählich flimmernd Formen und Farben zurück", erzählt sie. Das sei der Moment gewesen, in dem ihr die Gottesanbeterin in den Sinn gekommen sei. Diese hat neben den Augen auch ein sehendes Gesicht im Zentrum des Körpers. Die Jury, die aus hochkarätigen Bodypaintern bestand, war begeistert von der authentischen und gelungenen Umsetzung ihrer persönlichen Erfahrungen.

Murml Gold und ihre beiden Teamkolleginnen sind mittlerweile zu Freundinnen geworden. So schaffen sie es, trotz der Anstrengung, der Aufregung und des Zeitdrucks nicht den Spaß aus den Augen zu verlieren. Sie schätzen das Familiäre innerhalb der Bodypainting-Gemeinschaft, die Freunde, die sich durch die Kunst gefunden haben, und den Respekt, den man einander zollt. Obwohl Gold den Titel gewonnen hat, sei es "ein Teamsport", in dem man nur gemeinsam zum Ziel gelangen könne, sagt sie. Model Äva und Murml Gold arbeiten schon seit vielen Jahren zusammen.

Sich auf dem Erfolg ausruhen wird Murml Gold nicht. Im Herbst ist sie bei der Messe "Beauty Forum München" dabei und am 27. Oktober lädt sie in ihrem Heimatort Königsdorf zu einer "Paintingparty" ein. Auch bei der Weltmeisterschaft in einem Jahr wird sie wieder antreten. Diesmal in der Königsdisziplin "Pinsel und Schwamm", bei der, wie der Name es schon sagt, ausschließlich die Verwendung dieser beiden Utensilien zulässig ist.

Der Titel bei den Weltmeisterschaften bedeutet für Gold indes auch eine späte Genugtuung. In Kinderjahren bürdete ihr ihre Grundschullehrerin einst eine Strafarbeiten mit den Worten auf: "Pass im Unterricht besser auf, mit Pferde malen wirst du später einmal kein Geld verdienen können." Die Lehrerin wäre erstaunt, ist sich Gold sicher, mit was ihre ehemalige Schülerin nun doch ihren Lebensunterhalt bestreitet.

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Quelle:
SZ vom 07.08.2019
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