Süddeutsche Zeitung

Junge Talente   :Vui Gfui

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Zwei junge Liedermacher aus dem Landkreis eröffnen die neue Runde in der Reihe "Musikalisches Bad Heilbrunn". Dahinter steckt eine Frau mit Begeisterung und Herzblut

Von Petra Schneider, Bad Heilbrunn

Im Foyer des Bad Heilbrunner Kursaals sind Teelichte angezündet, die Tische sind mit kleinen Servietten verziert: "Schön, dass Sie da sind", steht darauf. Beim Eintreten in den Saal verteilt Rosmarie Rieker kleine Schokoherzen. Seit Jahren organisiert die Mitarbeiterin der Gästeinfo die Reihe "Musikalisches Bad Heilbrunn" mit Begeisterung und Herzblut. Die Leute schätzen das, auch an diesem Samstagabend ist der Kursaal gut gefüllt. Mehr als 60 Zuhörer sind gekommen, und das obwohl beim Eröffnungskonzert der neuen Saison keine Headliner auf der Bühne stehen, sondern zwei junge Nachwuchskünstler. Rieker hat die Liedermacher Julia Pöckl und Christian Jungwirth eingeladen.

Beide kommen aus dem Landkreis, beide texten und singen auf Bairisch. Julia Pöckl lebt in Fall. An der Gitarre begleitet wird sie von dem großartigen Tölzer Multiinstrumentalisten Leonhard Schwarz. Jungwirth kommt aus Bichl, er singt, spielt Gitarre und bei einigen Stücken auch Bluesharp. "Ich freue mich sehr, dass diese drei unsere Reihe eröffnen", sagt Rieker. Man müsse junge Talente, "die so toll Musik machen", unterstützen.

Den Anfang macht Pöckl mit Songs aus ihrem ersten Programm "Weltgschichtn". Die 26-Jährige nimmt das Publikum mit ihrer vollmundigen Stimme und der natürlichen Ausstrahlung schnell für sich ein. Mit dickem Schal kommt sie am Samstag auf die Bühne. "Jetzt muass i erst mal kurz schneizen", sagt sie fröhlich, um dann einen Song über eine "sexuelle Begegnung mit einem Mann" anzukündigen und über die Umstände zu plaudern, die zu dem denkwürdigen One-Night-Stand geführt haben. "Unterschwellig hoaß" hat sie das Lied genannt, ein luftiger und verschmitzter Song, bei der Pöckls modulierfähige Stimme zur Geltung kommt, die mal energisch-intensiv, mal sanft und leise sein kann.

Ein Jahr lang ist die gelernte Touristikfachfrau um die Welt gereist und hat ihre Erlebnisse in Lieder verpackt. So singt sie etwa von Bekanntschaften mit anderen Reisenden in Kathmandu oder einer denkwürdigen Fahrt von Bolivien nach Chile - "Zwölf Stunden Kofferraum", die nicht wie im Flug vergangen seien. In einem anderen Lied beschreibt sie Erlebnisse in Sri Lanka, wo sie als einziger Gast eine Nacht in einem Hostel ohne Dach verbrachte.

Die Suche nach Liebe und Freiheit bestimmen Pöckls Texte. Das "Wegfahren ist meine Leidenschaft", erklärt sie, "aber des Hoam kemma ist des Schönste". Ein Liebeslied gibt es deshalb auch für ihre Heimat: "Fall, ohne die war i a Blattl im Wind."

Auch Christian Jungwirth spielt am Samstagabend überwiegend Lieder über die Liebe: Für seine Frau und seine Tochter, über das Vertrauen als Basis und die Liebe im Alter. Fast bestürzend persönlich sind seine Songs, etwa das dreiteilige, musikalische Protokoll über die Geburt seiner Tochter vor knapp eineinhalb Jahren: Die Schmerzen der werdenden Mutter, das Gefühlschaos des jungen Vaters. Die Tage auf der Isomatte im Krankenzimmer in Garmisch, weil zwar ein Familienzimmer reserviert war, "das hat dann aber die Magdalena Neuner gekriegt, die zur selben Zeit entbunden hat."

Einfach und eingängig sind die Lieder und Gedichte dieses sensiblen, jungen Mannes, "Oafach und schlicht" wie es im Lied um den selbst geschmiedeten Ehering heißt, "der mich immer erinnern soll, dass ich ein ganz einfacher Typ bin". Im Isarwinkel kennt man den 28-Jährigen auch als Autor der beiden Kinderbücher "Stinktier und Bär", im Jahr 2014 hat er beim Liedermacher-Festival in Geretsried den zweiten Platz belegt. "Vui Gfui" heißt seine erste CD.

Nach fast drei Stunden Programm und jeweils einer Zugabe geht der Abend zu Ende. Als Dankeschön gibt es von Rosmarie Rieker noch ein kleines Geschenk: Selbstgemachte Brombeermarmelade.

Den nächsten Abend in der Reihe "Musikalisches Bad Heilbrunn" am Samstag, 21. April, 20 Uhr, gestalten die Münchner Rock-Formation "Prognostics" und der Musikjournalist Michael Fuchs-Gamböck; alle weiteren Informationen im Internet unter www.bad-heilbrunn.de

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Quelle:
SZ vom 06.03.2018
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