Süddeutsche Zeitung

SZ-Schulratgeber:Wo der Übertritt dazugehört

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An der Ickinger Grundschule ist der Druck, es aufs Gymnasium zu schaffen, besonders groß.

Von Deborah Berger, Icking

38 der 1131 Viertklässlerinnen und Viertklässler, die landkreisweit im Mai ein Übertrittszeugnis erhalten, besuchen die Grundschule Icking. Die Übertrittsquote an weiterführende Schulen, besonders an das Gymnasium, ist in Icking sehr hoch, ähnlich wie im Landkreis München. "Jedes Jahr sind es nur eine Handvoll Kinder, die den Weg über die Real- oder Mittelschule gehen", berichtet Schulleiter Anton Höck. Das liegt zum einen daran, dass in Icking besonders viele Akademiker leben, die sich für ihre Söhne und Töchter eine ebensolche Bildung wünschen.

Mit dem Rainer-Maria-Rilke-Gymnasium, dem Günther-Stöhr-Gymnasium und dem Gymnasium im Kloster Schäftlarn befinden sich zudem gleich drei Gymnasien in der unmittelbaren Umgebung. Eine Realschule gibt es in Icking dagegen nicht. Oft, sagt Höck, wollten die Kinder eine dieser Schulen besuchen. "Damit steigt natürlich auch der Druck."

Die Nähe der Gymnasien sieht auch Kelly Wright, Vorsitzende des Elternbeirats der Grundschule Icking, als ausschlaggebend für die hohen Übertrittszahlen. "Die Kinder wollen weiterhin in Icking zur Schule gehen und mit ihren Freundinnen oder Freunden zusammen bleiben. Die Erwartungen und der Druck sind hoch." Ein weiterer Grund für den Druck in der Grundschule sei, so Höck, das enge Korsett, durch das bayernweite Vergleichbarkeit geschaffen werden soll: die Richtnorm von 22 Proben, aus denen sich der Notendurchschnitt des Einzelnen zusammensetzt und die darüber entscheiden, welche Schulart besucht werden kann. "Spätestens von der vierten Klasse an merken die Kinder, wie wichtig die Noten für ihr späteres Leben sind. Auf Wunsch der Eltern muss der Lehrer die Probe außerdem acht Tage vorher ankündigen, der Druck wächst." Um dagegen zu wirken, baut Höck vor den Proben eine "Lernzielkontrolle" ein, die deutlich mache, worauf es ankomme und wo es noch Lücken gebe.

Auch der Elternbeirat tut einiges dafür, um die Situation für die Kinder während der Übertritts-Phase zu entspannen. Durch Projekte sollen Stärken und Fähigkeiten des Einzelnen gefördert und das Gemeinschaftsgefühl in der Klasse gefestigt werden. "Die Dynamik innerhalb des Klassenverbandes habe ich als sehr wichtig wahrgenommen", sagt Wright, die bereits zwei Kinder am Gymnasium hat.

Der Stress, so hat sie erlebt, beginne in der dritten Klasse und entstehe meist unter den Kindern. "Durch unsere Projekte möchten wir ein positives 'Wir-Gefühl' in der Klasse erzeugen, damit Schüler, die sich vielleicht beim Lernen nicht so leicht tun, nicht gehänselt, sondern aufgefangen und unterstützt werden." Wright betont die Bedeutung der Eltern und Lehrer. "Es ist wichtig, dass Kinder, Eltern und Lehrer ein stabiles Dreieck bilden, das in alle Richtungen funktioniert." Die Rolle der Eltern hält sie für wesentlich: Es gehe nicht nur darum, mit den Kindern zu lernen oder Stoff nachzuarbeiten, sondern auch, die Erlebnisse des Schultages wahrzunehmen und darauf einzugehen.

Der Erfahrungsaustausch mit Eltern, deren Kinder den Übertritt gemeistert haben, könne dazu beitragen, Unsicherheiten zu beruhigen und Bedenken zu zerstreuen. Entspannung, Vertrauen und Kommunikation seien die Schlüssel zum Erfolg, sagt Kelly Wright.

Anton Höck, der momentan selbst eine vierte Klasse unterrichtet, ist sich der Bedeutung von Kommunikation mit den Eltern bewusst. "Eine gute Zusammenarbeit zwischen Lehrern und Eltern ist wichtig. In Gesprächen klärt die Schule, ob das Ziel des Kindes realistisch ist und berät die Eltern in der Entscheidung für die richtige Schulart. Oft ist es auch wichtig, den Eltern klar zu machen: Es gibt keinen Abschluss ohne Anschluss." Ihm sei vor allem daran gelegen, dass sich die Kinder die Freude am Lernen bewahren. Die Grundschule solle die individuellen Stärken fördern und Kompetenzen wie selbstständiges Arbeiten vermitteln.

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SZ vom 25.02.2015
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