Süddeutsche Zeitung

Freizeit auf der Isar:Am Ziel vorbei

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Der Deutsche Touring-Kajak-Club kritisiert den Verordnungsentwurf zur Isar-Nutzung scharf. Dieser erfasse weder Missstände noch Umweltfrevler, sondern strafe ausgebildete und naturverträglich agierende Sportler.

Von Petra Schneider, Bad Tölz-Wolfratshausen

Im Sommer tummeln sich Schlauchbootpaddler, Raftinganbieter und Kanuten auf der Isar. Party, Event, Naturerlebnis, Sport - die Motive sind unterschiedlich, Kompetenz und Ausrüstung für das Befahren des Wildflusses ebenso. Um naturverträgliches und sicheres Verhalten auf der Isar künftig zu verbessern, hat das Landratsamt im November einen Verordnungsentwurf veröffentlicht. Gemeinden, private und kommerzielle Nutzer sowie Vereine können zur Verordnung eine Stellungnahme abgeben. Beim Deutschen Touring-Kajak-Club (DTKC) München ist man nun von dem Entwurf enttäuscht.

Der "Partybetrieb" auf der Isar werde durch die Verordnung nicht eingeschränkt. "Aber wir Sportler, die an diesen Missständen nicht beteiligt sind, werden für zwei Drittel des Jahres ausgesperrt", heißt es in der ausführlichen Stellungnahme des DTKC. Zwingend erforderlich sei eine differenzierte Betrachtung von Bade- und Partybootbetrieb einerseits und Sportbootfahrern andererseits. Der Sicherheitsproblematik werde kaum Rechnung getragen, und eine "gesamtheitliche Erfassung und Bewertung aller Störfaktoren auf und neben dem Wasser" sei nötig.

Für den im Jahr 1912 gegründete Kajak-Club München, dem derzeit rund 280 Mitglieder angehören, ist die Isar das vorrangige Trainings- und Ausbildungsgewässer. "Sie ist für uns zugleich eine Herzenssache", betont Vorsitzender Jochen Langbein. Man habe durchaus eine Verordnung erwartet, weil in den Sommermonaten der vergangenen Jahre "einiges aus dem Ruder" gelaufen sei. Der Entwurf erfasst nach Ansicht der Kanusportler aber genau jene Missstände nicht, man lasse "Problempaddler" weitgehend gewähren. Kanuten, die sich oft durch persönliche Aufklärung von Bootsfahrern für Sicherheit auf der Isar eingesetzt hätten, strafe man nun mit einer Totalsperrung zwischen 16. Oktober und 31. Mai ab. Das Verbot treffe jene, "die sicher ausgerüstet sind, um Naturschutzbelange wissen und sich entsprechend natursensibel verhalten".

Änderungsbedarf sieht der DTKC bei einigen Punkten: So sei die in der Verordnung geforderte "angepasste Fahrweise" beim Badebootbetrieb kaum möglich. "Die Leute sind in nicht lenkbaren Booten unterwegs, haben keine Ahnung von der Dynamik des (leichten) Wildwassers und können ihre Boote nicht steuern". Teilweise werde ohne geeignete Paddel gefahren und das Boot mit dem Rücken zur Fahrtrichtung gerudert. Für Widerspruch sorgt bei den Kanusportlern aber vor allem die Komplettsperrung zwischen Mitte Oktober und Ende Mai. Der Entwurf verletzte den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil ein Gutachten Kanusportlern im Vergleich etwa zu Spaziergängern mit freilaufenden Hunden, nur minimale Störwirkung auf die Fauna bescheinige. Zudem sieht der Verein "erhebliche Widersprüche" zur geltenden "Naturschutzverordnung Isarauen": Diese verbietet ein Betreten von Kiesinseln und Bereichen abseits öffentlicher Wege zwischen 15. März und 15. Oktober; in der übrigen Zeit dürfe das Naturschutzgebiet "uneingeschränkt" betreten werden. Den Kanuten werde das Befahren des Flusses dagegen in genau diesen Monaten untersagt. "Der Sinn dieser Regelung ist für uns nicht nachvollziehbar", heißt es in der Stellungnahme. Sie ändere nichts an der sommerlichen Überlastung, bringe aber ausgebildete Kanuten monatelang um ihr Trainingsgewässer. Für nicht ausreichend hält der Kanuverein die geplante Regelung, dass auch Nichtschwimmer, allerdings nur mit Schwimmwesten, auf den Fluss dürfen. Beim DTKC werde dies Nichtschwimmern nicht erlaubt, und Schwimmwesten seien auch für erwachsene Anfänger Pflicht. Kritisch sieht der Verein die im Entwurf vorgesehene Limitierung auf maximal zehn Personen pro Boot. "Wir würden ein Boot dieser Größe ohne erfahrenen Guide nicht auf die Isar lassen", heißt es in der Stellungnahme. Nach Ansicht des Kajak-Clubs habe es das Landratsamt versäumt, vor dem Erlass einer Verordnung die Situation durch Sicherheitshinweise für Bootfahrer an Ein- und Ausstiegsstellen zu verbessern. Ohne geeignete Informationen werde das Gefahrenbewusstsein nicht erhöht und die Regelungen allenfalls als Gängelung wahrgenommen, befürchtet der DTKC.

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SZ vom 06.02.2019
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