Süddeutsche Zeitung

Freiwilligenarbeit:Benedikbeuern statt Afrika

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Wegen der aktuellen Reisebeschräkungen bieten die Salesianer ihren Freiwilligen, die sich für den Auslandseinsatz beworben haben, ein sechsmonatiges Akademie-Programm an - mit Seminaren im Kloster und Praxiswochen in 26 deutschen Einrichtungen.

Von Petra Schneider, Benediktbeuern

Eigentlich wäre Sara seit vier Wochen in Benin. Die 18-jährige Abiturientin aus Donauwörth hatte sich bereits im vergangenen Herbst für das einjährige "Don Bosco Volunteers Programm" beworben. Sie wollte unbedingt nach Afrika, ins französischsprachige Benin, auch, um ihre Sprachkenntnisse aufzubessern. Alles war geplant, Sara sollte in der Hauptstadt Porto-Novo in einer Einrichtung für Kinder arbeiten. Dann kam Corona und machte ihre Pläne zunichte.

Auch die von Jakob. Sein Einsatzort wäre ein Zentrum für Kinder und Jugendliche in Sambia gewesen. Für den 22-Jährigen aus Münster ein Traum, denn er wolle "andere Kulturen kennen lernen."

Weil aktuell Reisewarnungen für fast alle Länder gelten, wohnen Sara und Jakob nun nicht in Afrika, sondern in Benediktbeuern. Frustriert wirken sie dennoch nicht. Denn für die jungen Leute, die bereits mit den Vorbereitungen für ihren Auslandseinsatz begonnen hatten, haben Mitarbeiter des Aktionszentrums Benediktbeuern ein Alternativprogramm entwickelt: die "Don Bosco Volunteers Akademie". Man habe den Teilnehmern nicht einfach absagen wollen, erklärt Pater Stefan Stöhr, der die Freiwilligendienste der Salesianer Don Boscos in Deutschland koordiniert. Das sechsmonatige Programm, Mitte September gestartet, ist eine Mischung aus Bildungsangebot mit dem Schwerpunktthema "Nachhaltigkeitsziele 2030" und Praxiswochen in Don Bosco-Einrichtungen im Inland. Immerhin ein bisschen weg von zu Hause, denn die 25 Teilnehmer aus ganz Deutschland wohnen in der Jugendherberge in Benediktbeuern, die wegen Corona für Schulklassen derzeit geschlossen ist.

Für die Volunteers gibt es Workshops, Seminare oder Vorträge über Nachhaltigkeit und Ökologie, Pädagogik oder bürgerschaftliches Engagement. Aktuell arbeiten sie an einer Wanderausstellung zu nachhaltiger Entwicklung. An den Nachmittagen gibt es Yoga, Tanz oder Musikgruppen, "Freiräume, in denen die jungen Leute Talente neu entdecken und sich ausprobieren können", sagt Pater Stöhr. Zwischen den Akademiewochen folgen Praxiswochen in einer der 26 Einrichtungen der Salesianer in Deutschland; die jungen Leute arbeiten etwa in einem Jugendzentrum in Köln und sollen dort auch ihr erworbenes Wissen zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit weiter vermitteln. "Wir nutzen für das Programm unser Netzwerk", sagt Pater Stöhr. Bis Ende Februar 2021 läuft die Akademie, dann müsse man sehen, welche Länder wieder geöffnet sind, erklärt Franceso Bagiolini, der als Referent zusammen mit seinem Kollegen Niklas Gregull das Programm in Benediktbeuern betreut.

Wie die Freiwilligendienste im In- und Ausland wird auch das Akademieprogramm aus Fördermitteln verschiedener Ministerien, aus Spenden und Stiftungen finanziert. Die Volunteers müssen für die Teilnahme nichts zahlen. 25 der ursprünglich 46 jungen Leute, die ins Ausland wollten, machen nun bei der Akademie mit. Ob das Programm verlängert wird oder eventuell als Parallelangebot weiterläuft, sei ungewiss und werde derzeit diskutiert. Den Freiwilligendienst der Salesianer mit Standorten in Bonn und Benediktbeuern gibt es seit knapp 25 Jahren. Jedes Jahr werden 50 junge Menschen in Länder Afrikas, Asiens, nach Südamerika, Ost- und Westeuropa geschickt. Dazu kommen rund 30, die Freiwilligendienst im Inland leisten. Sara und Jakob sind froh, dass sie sich zur Teilnahme an der Akademie entschlossen haben. Das Programm sei "cool" und eine sinnvolle Überbrückung. Am Montag geht es für drei Wochen ins Praktikum. Und im Frühjahr wenigstens für ein halbes Jahr ins Ausland, hoffen die beiden.

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Quelle:
SZ vom 02.10.2020
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