Süddeutsche Zeitung

Ergebnisse der Kommunalwahl:Zäsur im Tölzer Stadtrat

Lesezeit: 3 min

Die Grünen stellen mit sieben Mandaten künftig die zweitstärkste Fraktion nach der CSU. Verlierer sind die Freie Wähler Gemeinschaft und die SPD. Die Zahl der Stadträtinnen steigt insgesamt von vier auf neun.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Im Tölzer Stadtrat brechen neue Zeiten an. Der große Gewinner sind die Grünen, die künftig mit fast doppelt so vielen Stadträtinnen und Stadträten vertrete sind wie bisher. Mit sieben Sitzen stellen sie nun die zweistärkste Fraktion nach der CSU, die bei neun Mandaten bleibt. Verloren haben die Freien Wähler, die zwei Sitze abgeben müssen und nur noch sechs Vertreter im Stadtrat haben. Die SPD versinkt mit zwei Sitzen beinahe in der Bedeutungslosigkeit. Und noch etwas ist für Tölzer Verhältnisse außergewöhnlich: Neun der 24 Mandate haben jetzt Frauen inne. Zuvor waren es nur vier gewesen.

Franz Mayer-Schwendner (Grüne) kann sich noch an die Amtsperiode vor 2014 erinnern, als seine Partei mit ihm selbst und Peter Priller lediglich eine kleine Minderheit im Stadtrat bildete. Das ist künftig ganz anders. Nach ihm als Bürgermeisterkandidaten heimsten mit Johanna Pfund, Rosemarie Beyer und Dorothea Bigos drei Frauen die meisten Stimmen bei den Grünen ein. "Wir haben starke Frauen, das ist ein richtiger Gewinn", sagte Mayer-Schwendner. Da sich die Zahl der Stadträtinnen insgesamt mehr als verdoppelt hat, erwartet er, dass sich in dem Gremium "etwas ändern wird". Vor allem in der Art des Umgangs.

Den Wahlerfolg führt Mayer-Schwendner auf einen "super Wahlkampf" zurück, den man auf Inhalte ausgerichtet habe. "Wir sind es, die klar für die Energiewende, für die Verkehrswende und für Stadtentwicklung stehen", sagte Mayer-Schwendner. "Das haben die Leute gesehen und gewollt." Außerdem sieht er darin auch den Lohn für die Arbeit der bislang vier Grünen im Stadtrat. In den vergangenen sechs Jahren habe man "viel bewegen und erreichen" können, sagt er und lobt dabei die Zusammenarbeit mit dem scheidenden Bürgermeister Josef Janker (CSU) und der Stadtverwaltung. "Mit der CSU waren wir aber oft nicht einer Meinung, wie das in Zukunft aussieht, wird sich herausstellen." Ob die Grünen nun Anspruch auf den Posten des Zweiten Bürgermeisters erheben, lässt Mayer-Schwender erst einmal unbeantwortet. Dies hänge davon ab, "wie sich die Fraktionen finden und was sie untereinander vereinbaren".

Mit dem Ergebnis der Stadtratswahl zeigte sich der künftige Bürgermeister Ingo Mehner (CSU) grundsätzlich zufrieden. Die Christsozialen vermochten ihre neun Sitze zu halten. Der Fraktion, die bislang eine reine Männerriege war, gehören mit Gabriel Frei, Christine Brandl und Julia Dosthaler gleich drei Frauen an - ebenso viele wie bei den Grünen. Das sei gut, sagte CSU-Ortsvorsitzender Karsten Bauer, der ebenfalls wieder in den Stadtrat einzieht. "Das macht das Ganze lebendig." Für Mehner hing die Wahl der neuen CSU-Stadträtinnen nicht so sehr von deren Listenplatz ab, sondern davon, "dass sich alle gleichwertig präsentieren konnten". Mehner und Bauer verwiesen unisono darauf, dass auch sonst die Mischung in der CSU-Fraktion stimme - vom Alter her, von den Berufen her. Der künftige Bürgermeister unterstrich, dass der Blick auf den eigenen Block in einem Stadtrat ohnehin verkehrt sei. Es komme nicht darauf an, alles mit irgendeiner Mehrheit durchzupeitschen, sagte er. "Wichtig ist, dass du gemeinsam Dinge anschiebst und entscheidest."

Nach Jahren des Zugewinns ist die Freie Wähler Gemeinschaft (FWG) diesmal die Verliererin der Stadtratswahl. Sie müssen zwei ihrer bisher acht Sitze abgeben - eben an die Grünen. Bürgermeisterkandidat Michael Lindmair hoffte noch bis kurz nach Mitternacht, mit dem letzten Stimmbezirk vielleicht auf ein Mandat mehr zu kommen. So wie 2014, als die CSU kurz vor Schluss einen Sitz an die FWG verlor. Aber daraus wurde nichts. "Wir hätten gerne eine höhere Anzahl an Sitzen gehabt", räumte Lindmair ein. Woran es gelegen hat, dass es am Ende doch anders kam, mochte er spät in der Nacht nicht zu deuten versuchen. Das werde nun erst einmal analysiert, sagte er. "Wir schauen, was wir den Leuten nicht erklären konnten oder was war wir ihnen falsch erklärt haben." Neben ihm selbst, Ulrike Bomhard, Peter von der Wippel und Martin Harrer schafften es zwei Neue für die FWG in den Stadtrat: Ulrich Fottner und Andrea Niedermaier, die als Frau des Landrats auf 3023 Stimmen und damit auf Platz drei bei den Freien Wählern kam.

Einen bitteren Abend erlebte die SPD. Sie verlor - wie schon 2014 - auch diesmal wieder einen Sitz und stellt künftig nur noch zwei Stadträte. Neben dem altgedienten Willi Streicher wurde Filiz Cetin gewählt, die für das Amt des Landrats kandidiert hatte. Michael Ernst bleibt hingegen außen vor. Der Bürgermeisterkandidat der SPD, der einen engagierten Wahlkampf geführt hatte, schaffte es nicht einmal in den Stadtrat. "Das ist enttäuschend", kommentierte Ernst dieses niederschmetternde Ergebnis. Außerdem blieb ihm der Wunsch versagt, dass die Sozialdemokraten zumindest ihre drei Sitze würden verteidigen können. Selbst das klappte nicht. Ob er weiterhin politisch für die Sozialdemokraten tätig sein wird, ließ Ernst am Wahlabend offen. Bis zum Herbst sei er ja als SPD-Ortsvorsitzender gewählt, danach sehe man weiter, sagte er.

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SZ vom 17.03.2020
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