Süddeutsche Zeitung

Einladung:Äpfel für alle

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Gemeindebürger, Radler und Pilger ernten Obst in Neufahrn.

Von Katharina Schmid, Schäftlarn

Aufgereiht wie an einer Perlenkette stehen 52 Apfel- und Birnbäume am westlichen Ortsausgang von Neufahrn am Wegesrand. Seit 27 Jahren recken sie ihre Äste in den Himmel, wachsen beständig in Höhe und Breite und bringen den Schäftlarnern jedes Jahr aufs Neue Obst in Hülle und Fülle. Mal weniger, mal, wie in diesem Jahr, mehr. "Heuer gab's keine Eisheiligen", kennt Josef Reitinger den Grund für die gute Ernte. Der Neufahrner hat die Bäume 1991 mit ein paar Helfern gepflanzt und pflegt sie seither.

Weil später Frost im Frühjahr ausblieb, konnten sich die Früchte gut entwickeln. Nur der Hagel im Juni hätte nicht sein müssen, findet Reitinger. Viele Äpfel haben braune Stellen, dem Geschmack aber hat der eisige Niederschlag nichts getan. Frühäpfel wie der Klarapfel oder der Jakob Fischer sind schon verspeist. An den anderen Bäumen hängen schwer die später reifen Sorten: Boskop, Winterrambur, Golden Delicious. Alle in Bio-Qualität.

An jedem der 52 Bäume hat der Hobbygärtner ein Täfelchen angebracht. Sorte und Reifezeit sind darauf vermerkt, damit Äpfel und Birnen nicht in noch saurem Zustand von den Ästen gerissen werden. Denn viele, die sich hier am Obst bedienen, haben selber keinen Obstgarten, wissen weder welche Sorte sie da ernten, noch wann die eigentlich reif ist. Hier liegt die Besonderheit dieser Obstbaumreihe. Deren Früchte sind für alle Gemeindebürger gedacht. Auch Radfahrer und Jakobswegpilger, die an den Obstbäumen vorbeikommen, beißen gerne mal in einen der Äpfel. So soll das sein. Denn die Bäume wurden vor fast 30 Jahren gepflanzt, damit alle etwas davon haben. Seither kommen Schäftlarner Familien vorbei, pflücken das Obst oder klauben es vom Boden auf und machen dann zum Beispiel Apfelkuchen daraus, weiß Reitinger.

Es sei aber auch schon vorgekommen, dass Leute mit dem Auto aus Starnberg oder München raus nach Neufahrn gefahren seien, um sich "taschenweise Äpfel und Birnen" zu holen. Vor allem, als die Pflanzung auf einer Seite im Internet auftauchte, die auf frei zugängliche Obstbäume in der Umgebung hinweist, kamen Menschen von weiter her, um sich in Neufahrn zu bedienen. Dabei sei das Obst für sie gar nicht gedacht, sagt Reitinger, der sich über diese Dreistigkeit ärgert.

Was ihn hingegen freut, sind die Rückmeldungen, die er bekommen hat, als er an der Pflanzung einen Briefkasten aufstellte: "Vielen Dank", heißt es auf den Zettelchen. "Finde ich toll!" und "Gut, dass Sie das machen."

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Quelle:
SZ vom 18.08.2018
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