Süddeutsche Zeitung

Bad Tölz-Wolfratshausen:Online-Hilfe beim Baby-Kriegen

Lesezeit: 2 min

In Bad Tölz gibt es keine Geburtshilfe mehr. Für Schwangere wurde dort deshalb eine Hebammensprechstunde eingerichtet. Coronabedingt wird diese aber nur noch telefonisch und digital angeboten - ein Fehler, finden Kritiker

Von Petra Schneider, Bad Tölz-Wolfratshausen

Um nach der Schließung der Tölzer Geburtshilfeabteilung die Betreuung schwangerer Frauen im Südlandreis wenigstens etwas zu verbessern, wurde im April 2020 eine Hebammensprechstunde eingeführt. Ursprünglich waren vier Hebammen vorgesehen, die mit telefonischer Rufbereitschaft und Präsenzsprechstunden an der Asklepios-Klinik den Schwangeren bei Fragen zur Seite stehen sollen, wenn Arztpraxen geschlossen oder andere Hebammen nicht verfügbar sind. Der Landkreis fördert das Angebot mit einem jährlichen Zuschuss von 23 000 Euro, einer Anschubfinanzierung von 11 000 Euro sowie mit einmalig 4000 Euro. Doch noch läuft die Schwangerenbetreuung nicht wie geplant.

Wie der Sachstandsbericht der beiden Hebammen Nadia Tretter und Patrizia Frey am Dienstag im Kreisausschuss zeigte, konnte das Angebot in den vergangenen eineinhalb Jahren nicht wie vorgesehen umgesetzt werden. Die Gründe sind die Corona-Situation sowie ein personeller Engpass, weil eine der vier Hebammen ausgestiegen ist. "Aus Präsenz- ist eine Rufbereitschaft geworden", erklärte Tretter. Bei den Fragen hätten andere Inhalte im Fokus gestanden als im Vorfeld angenommen: Es habe sich nicht um Notfälle gehandelt, sondern meist um Beratungen. So hätten Frauen die Sprechstunde genutzt, um sich über das Zufüttern zu informieren oder um Probleme zu besprechen, etwa beim Zahnen oder bei leichten Infekten ihrer Kleinsten.

Weil die meisten Fragen gut auch online geklärt werden könnten, haben sich die drei Hebammen in Absprache mit dem Landratsamt entschlossen, die Homepage der Hebammensprechstunde zu einer Info-Plattform umzugestalten. Frauen können sich zu verschiedenen Themenbereichen informieren und Ansprechpartner finden. Denn hinterlegt sind auch Listen von Hebammen, Geburtskliniken oder Kinderärzten. Wolfgang Krause, der Geschäftsleiter im Landratsamt, erklärte, dass das geänderte Angebot Sinn ergebe, "um sich über die Pandemie-Zeit zu retten". Man müsse überlegen, ob die ursprünglich geplanten Präsenzsprechzeiten in der Tölzer Klinik, die auch an Wochenenden angedacht waren, mit nur mehr drei Hebammen überhaupt realisiert werden könnten.

Barbara Schwendner (Grüne), die die Hebammensprechstunde angestoßen hatte, wirkte einigermaßen ernüchtert. "Wir wollten eigentlich einen greifbaren Ansprechort für Frauen im Südlandkreis schaffen", sagte sie. Eine Internetplattform sei etwas ganz anderes. Sie wollte wissen, wie die Versorgung der Frauen im Südlandkreis mit Hebammen generell aussieht. Auch Susanne Merk (FW) und Christine Rinner (CSU) hatten Fragen: Wird das Angebot den Ansprüchen der Frauen gerecht? Sind weiterhin telefonische Beratungen möglich?

Die Vermittlung von Hebammen funktioniere gut, erklärte Nadia Tretter. Die Versorgung sei im Südlandkreis aber "gerade so ausreichend". Und in den kommenden fünf Jahren werde sich die Situation noch verschärfen - auch, weil viele Kolleginnen in den Ruhestand gingen, so Tretter. Die Zahl der Anfragen in der Hebammensprechstunde seien aber überschaubar gewesen. Ein Online-Angebot halten die beiden Hebammen derzeit deshalb für ausreichend. Zudem seien sie weiterhin in den "ganz normalen Zeiten" telefonisch über die Hebammensprechstunde erreichbar. Wegen Corona sei es nicht möglich, Räume der Tölzer Asklepios-Stadtklinik für Beratungsgespräche zu nutzen. "Wir möchten nicht gesunde Schwangere in eine Klinik bitten, in der eine Pandemie herrscht", sagte Hebamme Patrizia Frey.

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Quelle:
SZ vom 02.12.2021
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