Süddeutsche Zeitung

Bad Tölz: Bahnhof:Stationäre Sauberkeitsprobleme

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Die Stadt schämt sich für den Zustand ihres Bahnhofs. Viel daran ändern konnte sie bisher nicht.

Klaus Schieder

Mit seiner Marktstraße präsentiert sich Bad Tölz als schmucker Urlaubsort. Ein prächtiges Ensemble reich verzierter Häuser, viele Cafés, Fahnen, Brunnen, Denkmäler. Das Entree am Bahnhof sieht allerdings anders aus. Ein eher langweiliges Gebäude mit einem mächtigen Vordach, Zigarettenkippen und Abfallreste zwischen den Schienen, eine Unterführung mit schmutzig-gelben Fliesen. Nicht eben eine Visitenkarte für eine Touristenstadt.

"Manche haben in der Bürgerversammlung gesagt, es ist eine Katastrophe - so schlimm ist es auch nicht", sagt Bürgermeister Josef Janker (CSU). Viel Gefallen findet er an der Station aber selbst nicht. Eigentlich, meint er, "müsste man für die Gäste Schilder anbringen, wer der Eigentümer ist".

Davon gibt es zwei: Der Firma Tektogrund aus Bad Tölz gehören das Bahnhofsgebäude und Teile des Bahnhofs, der Deutschen Bahn (DB) hingegen die Bahnsteige und die Schienen. Genutzt wird die Station wiederum von der Bayerischen Oberlandbahn (BOB). An der Verschmutzung, so Janker, habe sich "insofern etwas verbessert, als wir ein waches Auge darauf haben". Das meint auch Sachbearbeiter Gerhard Grasberger vom Büro des Bürgermeisters. "Es ist viel besser geworden, weil wir auf die Bahn eingewirkt haben", sagt er.

Und die wiederum auf den Reinigungsdienst. Das Subunternehmen war im Auftrag der Bahn-Tochter "DB Station und Service" schon zuvor für die Sauberkeit zuständig, kam ihren Pflichten nach Jankers Schilderung jedoch "etwas unregelmäßig" nach. Deshalb wurde 2010 vereinbart, dass sich die Mitarbeiter dieser Firma in eine Liste einzutragen haben, sobald sie ihren Putzdienst absolviert haben. Mit dieser Maßnahme "haben wird erreicht, dass alles überwacht wird", sagt Grasberger.

Die Bahnsteige in BadTölz werden nach Angaben eines Bahnsprechers unter der Woche täglich gereinigt. Der Boden wird gefegt, die Abfalleimer geleert, die Zigarettenkippen entfernt, alle 14 Tage auch nass gewischt. "Das reicht in der Regel", sagt der Bahnsprecher. In regelmäßigen Gesprächen mit der Stadt versuche man, gemeinsame Lösungen zu finden, "damit sich am Bahnhof die Kunden und die Gäste von Bad Tölz wohlfühlen".

Hundertprozentige Sauberkeit ist jedoch eine Illusion. Das weiß Grasberger, der selbst in der Nähe der Station wohnt: Sobald der Reinigungstrupp verschwunden sei, "kommt jemand und schmeißt was weg, das bleibt dann bis zum nächsten Tag liegen". Das bekräftigt auch der Bahnsprecher: "Der Zustand des Bahnhofs hängt auch von seinen Nutzern ab." Eine Rolle spielt dabei auch die Nähe zur Filiale der Imbisskette "Burger King". Mit ihr stehe man in gutem Kontakt, sagt Janker. Auch sie schicke jemanden der Sauberkeit wegen vorbei, könne aber "auch nicht so tätig werden, um etwas zu erreichen", ergänzt Grasberger.

Überdies sehen zwei Bahnhofspaten in Bad Tölz nach dem Rechten. Sie haben jedoch wenig Befugnisse und dürfen beispielsweise niemanden nach den Personalien fragen. Die Paten sollten auch niemanden ansprechen, "wenn sie glauben, dass von ihm eine Gefahr ausgeht", erklärt Grasberger und verweist auf den gewaltsamen Tod von Dominik Brunner am S-Bahnhof Solln.

Zuständig für die Sicherheit am Tölzer Bahnhof ist die Bundespolizei, mit der die Stadt ebenfalls schon Gespräche geführt hat. Sie taucht dort zwar mit Streifen auf, jedoch eher sporadisch. "Sie sagen, dass sie generell froh sind, wenn sie Straftaten verfolgen können. Und sie verweisen auf ihr großes Einzugsgebiet von Rosenheim bis Lindau", so Grasberger. Das beruhigt den Sachbearbeiter einerseits, weil sich Bahnkunden in Tölz offenbar relativ sicher fühlen dürfen. Zum anderen sei die Präsenz der Ordnungshüter "halt Zufall - wenn sie gerade mal da sind".

Sie waren da, als vor einiger Zeit bekannt wurde, dass Personen über die Gleise gelaufen sind. Das ist ebenso gefährlich wie verboten. Auch dann, wenn sich Leute auf die Schienen stellen, um Abfall aufzuklauben. "Das ist strafbar - und nicht nur eine Ordnungswidrigkeit", so Grasberger. Die Schienenstrecke wird vier Mal im Jahr gereinigt, doppelt so häufig wie früher. "Die Arbeiten sind sehr aufwendig", erläutert der Bahnsprecher. Unter anderem deshalb, weil in dieser Zeit keine Züge fahren dürfen.

Ein Problem am Tölzer Bahnhof sind auch die acht verschiedenen Zugänge über Stufen und Rampen, links und rechts des Bahnhofsgebäudes, an der gegenüberliegenden Seite, bei der Unterführung. "Es ist sehr schlecht, acht Dinge absichern zu müssen", sagt Grasberger mit Blick auf die geplanten Schilder, die auf das Rauchverbot hinweisen, das laut Bürgermeister Janker "nicht eingehalten wird". Aber was nützten schon solche Tafeln, "wenn keiner daneben steht" und kontrolliere, sagt der Sachbearbeiter. Die Polizei kann das nicht überwachen. Die Stadt habe ebenfalls "keine Möglichkeiten - schade", sagt Janker.

Zur Verschmutzung tragen nach Grasbergers Dafürhalten auch Jugendliche bei, die auf dem Bahnhof "manchmal Party" feierten oder dort zumindest zusammenkämen. Unter dem Nachwuchs sei es "verpönt, wenn einer seinen Abfall in den Abfalleimer wirft", meint er. Das könne man zwar so pauschal nicht sagen, aber sein Eindruck sei schon, dass "die Tendenz und die Frequenz", den Dreck einfach wegzuwerfen, "bei Jugendlichen höher ist als bei Erwachsenen".

Einen ziemlich herben Charme vermittelt die gelb geflieste Unterführung. "Die Fliesen sind nicht so schön", gibt Grasberger zu, doch sei er schon froh, dass die Deutsche Bahn dort "die Schmierereien weggebracht" habe. Früher war der Tölzer Bahnhof nur für Leute zugänglich, die eine Bahnsteigkarte gekauft hatten. Später baute die Stadt den Durchlass, um einen Weg zum Lettenholz zu schaffen.

Der Boden der Unterführung werde von der Kommune gesäubert, erklärt der Sachbearbeiter. Die Beleuchtung wiederum sei Sache der Bahn, die erst kürzlich einige Lampen erneuert habe. Der Bahnsprecher verspricht: "Wenn wir irgendwo besser sein können, sollen oder müssen, werden wir es irgendwie tun." Kritik und Vorschläge von Kunden nimmt die Deutsche Bahn unter der Telefonnummer 089/1308-1055 entgegen.

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Quelle:
SZ vom 12.07.2011
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