Süddeutsche Zeitung

Ausgezeichnet:Geretsrieds Vortänzerin

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Ingeborg Heinrichsen erhält den Kulturpreis der Stadt. Sie wünscht sich, dass wieder mehr Menschen zum Tanzen kommen.

Von Felicitas Amler, Geretsried

Der Januar 2016 wird für Ingeborg Heinrichsen der Monat der großen Festtage: Am 26. begeht sie ihren 80. Geburtstag, zwei Tage später erhält sie aus der Hand von Bürgermeister Michael Müller den Kulturpreis der Stadt Geretsried. Diese würdigt ihre Verdienste um den Volkstanz. Die Geehrte selbst hat diesen Begriff gar nicht so gern, sie spricht von ihrer Begeisterung für historische Tänze. Ob die aus Bayern sind, aus Frankreich oder England, das ist für die aus Guben in der Mark Brandenburg stammende Tochter einer Französin italienischer Abstammung nicht vorrangig. Auch die vermeintlich hiesigen Volkstänze hätten ihre Wurzeln oft in anderen Ländern, sagt sie.

Seit der Stadterhebung Geretsrieds 1970 ist Heinrichsen hier als Tänzerin aktiv. "Mit einem zusammengewürfelten Haufen habe ich da mitgewirkt." Und seitdem hat die Volksschullehrerin so manchem Kind und Erwachsenen das Tanzen beigebracht und viele Choreografien entwickelt. Sie hat Kurse gegeben und Redouten organisiert, war und ist der Stadt "eine verlässliche Partnerin", nicht zuletzt im Austausch mit der Partnerstadt Chamalières. Sie ist Trägerin der Isar-Loisach-Medaille, der Medaille für Volkskulturpflege der Stadt München und der Goldenen Ehrennadel der Stadt Geretsried.

Als sie jetzt vernahm, sie solle den Kulturpreis erhalten, sei sie "direkt erschrocken", sagt Ingeborg Heinrichsen, denn in den vergangenen zehn Jahren habe sie gar nicht mehr so viel gemacht. "Ich tanze noch, aber langsam wird's immer weniger." Tatsächlich leitet sie immer noch den Isartaler Volkstanzkreis Geretsried, entstanden aus der "Landlergruppe Heinrichsen". Dessen ältester Teilnehmer sei bald neunzig Jahre alt, sagt sie. Ihr größter Wunsch sei es daher, "dass wieder Leute zu mir zum Tanzen kommen".

Zur Pressekonferenz im Amtszimmer des Bürgermeisters hat Heinrichsen stapelweise Material mitgebracht. Zeitungsartikel, Broschüren, einen Ordner voll Unterlagen, zwei selbst verfasste Bücher ("Historische Volkstänze in und um München", "Die Münchner Française") und CDs ("Musik an der Isardammschule").

Vor 70 Jahren sei sie mit ihrer Familie zunächst in Münsing untergekommen, dann nach Wolfratshausen gezogen, von dort habe sie erste Beziehungen nach Gartenberg aufgenommen. Die Landsmannschaften hier hätten ihre eigenen Tänze gepflegt: "Die fühlten sich in ihrem Tun zusammengehörig. Ich war allein." Das hat sich offenbar geändert. Der Bürgermeister erzählt die Anekdote eines mit Rücksicht auf den Busfahrer nötigen Zwischenstopps auf der Fahrt nach Chamalières: Auf einem Parkplatz musste die Reisegesellschaft warten - und fing dank Ingeborg Heinrichsen bald zu tanzen an.

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Quelle:
SZ vom 15.12.2015
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