Süddeutsche Zeitung

Augenscheintermin in Wolfratshausen:Verhandlung an der Ruine

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Am halb abgerissenen einstigen Isar-Kaufhaus entscheidet das Verwaltungsgericht über die Klagen der Anwohner gegen die Baugenehmigung. Der Investor ist vor dem Termin zuversichtlich.

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Die Baustelle am ehemaligen Isar-Kaufhaus in Wolfratshausen ist seit geraumer Zeit verwaist. Schließlich hat das Landratsamt kürzlich einen Baustopp für die Abrissarbeiten verhängt, um die Standsicherheit des Nachbargebäudes am Untermarkt 5 nicht zu gefährden. Am kommenden Donnerstag, 11. Juli, wird das Gelände jedoch wieder bevölkert werden. Nicht von Bauarbeitern, sondern von Nachbarn, Vertretern des Investors, der dort einen Neubau errichten will, des Landratsamts, Anwälten und Richtern: Bei einem Augenscheintermin mit mündlicher Verhandlung entscheidet das Verwaltungsgericht München über die Klagen der Nachbarn gegen die Baugenehmigung.

Die 11. Kammer des Verwaltungsgerichts wird sich vollständig am Untermarkt einfinden, um zu entscheiden, wie es mit der Baustelle weitergeht. Wie der Pressesprecher des Gerichts, Florian Schlämmer, sagt, werden neben dem vorsitzenden Richter Johann Oswald zwei weitere Berufsrichter, sowie drei ehrenamtliche Schöffen kommen, dazu die drei Kläger beziehungsweise ihre Anwälte, Vertreter des Landratsamts, das den beklagten Freistaat vertritt, sowie Verantwortliche der Untermarkt 7-11 GmbH, die für den Abriss und den geplanten Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses verantwortlich ist, und die ehemalige Eigentümerin des einstigen Kaufhauses. Verhandelt wird über die Klagen dreier Anwohner, die bereits gegen den Vorbescheid des Landratsamts Einspruch erhoben hatten. Das Gericht habe zu klären, ob die Baugenehmigung nachbarschaftliche Belange verletze, erklärt Schlämmer, etwa bei Abstandsflächen oder Emissionen.

Harald Mosler, Geschäftsführer der Untermarkt 7-11 GmbH, blickt dem Termin gelassen entgegen, wie er sagt. "Wir sind froh, dass die Verhandlung endlich kommt." Schließlich sei das Verfahren seit Februar 2018 anhängig. Auch, wenn es keine aufschiebende Wirkung habe und man theoretisch auch schon mit dem Neubau hätte beginnen können: "Es ist immer angenehmer, wenn solche Prozesse weg sind", sagt Mosler. Es sei zwingend, dass das Gericht die Verhältnisse in Augenschein nehme und ein Urteil fälle. Dem sehe er schon kraft seines Berufs als Anwalt mit Gelassenheit entgegen, sagt Mosler. Er werde dem Termin jedoch nur in seiner Funktion als Geschäftsführer beiwohnen, die GmbH werde durch einen Fachanwalt für Verwaltungsrecht vertreten. "Wir gehen davon aus, dass die Klagen scheitern werden." Schließlich habe man vor der Antragsstellung die Probleme "bis ins Detail diskutiert", das Landratsamt habe abgewogen. Es handle sich um einen innerstädtischen Bereich mit geschlossener Bebauung. "Das Isar-Kaufhaus stand schon, und das Objekt, was kommt, wird nicht größer", sagt Mosler. Alle nachbarschaftlichen Belange seien mit "höchstem Augenmaß" berücksichtigt worden.

Ob das Gericht das genauso sieht, wird sich nach der Verhandlung in Wolfratshausen zeigen. Laut Pressesprecher Schlämmer beraten sich die Richter nach dem Termin und teilen ihre Entscheidung in der Regel am Folgetag den Klägern schriftlich mit. Sollten sie ihnen recht geben, werde die Baugenehmigung aufgehoben. Dann könne der Investor nachbessern und eine neue Genehmigung beantragen.

Mit dem derzeit wirksamen Baustopp hat die Verhandlung allerdings nichts zu tun. Dass der Abriss ruht, liegt laut Mosler an den Eigentümern des unmittelbar anschließenden Nachbarhauses, "die bisher nicht in der Lage waren, mit uns eine vernünftige Vereinbarung zu treffen. Wir hoffen aber, dass wir das noch schaffen". Es gehe um Absicherungsmaßnahmen wie etwa das Verankern statisch wichtiger Wände. Eine Einigung mit den Nachbarn würde den Abriss deutlich erleichtern, parallel arbeite man gerade jedoch eine Variante aus, die auch ohne Kooperation mit dem Eigentümer funktioniere, aber technisch aufwendiger sei. In den Verhandlungen sei man den Nachbarn "extrem entgegengekommen", sagt Mosler. "Es gibt zarte Anzeichen für eine einvernehmliche Lösung."

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SZ vom 05.07.2019
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