Süddeutsche Zeitung

Aufeinandertreffen in Gaißach:Hexenkessel für die Ministerin

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Michaela Kaniber wird am Rußigen Freitag hart angegangen

Von Sandra Freudenberg, Gaißach

Am Rußigen Freitag habe sich in Gaißach Bauern und Politiker zum "Ausdiskutieren" getroffen. Dabei kamen sowohl die Landwirte als auch Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) richtig in Fahrt. Schließlich ging es unter anderem um viel Geld.

Landwirte, die schwierig zu bewirtschaftende Gebiete wie Bergwiesen pflegen, erhalten dafür eine Ausgleichszahlung. Insgesamt belaufen sich diese auf 110 Millionen Euro. Die Mittel müssen von der Europäischen Union genehmigt werden. In ihrer Rede betonte Kaniber, dass sie in der Art der Verteilung einen Kompromiss sehe, der derzeit jedoch nicht anders zu lösen sei. Mit der Düngemittelverordnung sprach sie den nächsten strittigen Punkt an. "Ich habe mir erklären lassen", sagte die Landwirtschaftsministerin, "dass aufgrund der Düngeverordnung Zwischenfrüchte nicht mehr gedüngt werden. Damit wird aber die Verbreitung von Schädlingen gefördert. Die CSU lehnt daher die Düngemittelverordnung ab." Die Schuld an dieser Situation gab die bayerische Ministerin ihren grünen Ministerkollegen aus den anderen Bundesländern "mit ihrer perversen Denke". Denen wirft sie auch "Doppelmoral" beim Tierschutz vor: "Die Sauen sollen unter Narkose kastriert werden, aber dieses Narkosemittel ist giftig für Menschen."

Nächster Diskussionspunkt war die umstrittene Anbindehaltung. Zwei Drittel der bayerischen Bauern halten ihr Vieh nach dieser Methode. Die Kühe bleiben auch während des Kalbens an Ketten angebunden. Kaniber möchte den Bauern Zeit geben, von Anbinde- auf Laufstallhaltung umzustellen. Sie selbst machte allerdings keinen Hehl daraus, dass sie die Vorbehalte für "grüne Befindlichkeiten" halte.

Kreisbauer Peter Fichtner ging die Ministerin in der folgenden Diskussion hart an. "Der Bauer wird nicht mehr gefragt, was auf seinen Flächen passiert", beklagte er sich, um die Frage anzuschließen: "Hat Söder in Berlin eigentlich nichts zu sagen?" Diesen Vorwurf wollte Kaniber nicht auf sich sitzen lassen und verteidigte den bayerischen Ministerpräsidenten: "Wir sind die letzten, die für die bayerischen Bauern kämpfen!" Markus Söder sei "der einzige Mann, der in der Bundespolitik einen Plan hat". Kaniber blieb bei diesem Bild: "Wenn man auf Agrarministerkonferenzen mit Grünen diskutiert, braucht man ein Gnack wie ein Stier."

Für diesen Vergleich erntet die Ministerin lautes Gelächter, bevor das letzte Thema auf die Tagesordnung kam. Der Holzhändler Johann Schinnagel fragte, warum die Bayerischen Staatsforsten trotz sinkender Holzpreise derzeit am gesamten Alpenkamm große Mengen Frischholz schlagen würden. "Das schadet den Waldbauern sehr. Die Holzpreise sind eh schon im Keller." Die Ministerin konterte, sie habe einen Einschlagstopp im Mai gefordert. Schinnagel erwiderte, er könne nichts von einem verminderten Einschlag beobachten. Dem konnte selbst Kaniber nicht widersprechen und erkundigte sich beflissen nach Ortsangaben der Fällungen.

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SZ vom 24.02.2020
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