Süddeutsche Zeitung

Wohnen:Das Schwert der Stadt

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Moosacher Siedlung mit mehr als 13 000 Bewohnern soll zum Erhaltungssatzungsgebiet erklärt werden, um die Mieter der Anlagen vor Luxussanierungen und Verdrängung zu schützen

Von Anita Naujokat, Moosach

13 600 Menschen in 7000 Wohnungen leben im Umgriff zwischen der Triebstraße, der Feldmochinger Straße und der Ehrenbreitsteiner und Hanauer Straße. Die Gebäude stammen größtenteils aus den Jahren 1949 bis 1968, elf Prozent sind sogar noch älter. Und der Anteil der Wohneinheiten in Häusern von vier bis sechs Geschossen ist mit fast zwei Dritteln besonders hoch. Um dort Sanierungs- und Modernisierungsgelüste, einhergehend mit Umwandlungen und Verdrängung angestammter Mieter, zu verhindern, soll es zum 22. Erhaltungssatzungsgebiet der Stadt werden. Zumal die Menschen dort mit mehr als 15 Jahren Wohndauer im Schnitt besonders lange bleiben.

Das Planungsreferat rannte mit dem Plan beim Moosacher Bezirksausschuss (BA) offene Türen ein. Zum künftigen Gebiet gehören jenseits der Dachauer Straße auch noch zwei Wohnblöcke zwischen dem Wintrichring und der Welzenbachstraße. Bedauert wurde in der Sitzung am Montagabend einzig, dass man nicht alles habe retten können. Wolfgang Jobst (SPD), der für den BA im Mieterbeirat ist, nannte als Beispiele die von der GBW sanierten Wohnanlagen "An der Gärtnerei" mit 111 Wohnungen und an der Hanauer Straße, Ecke Georg-Brauchle-Ring. In Letzterer sind die Mietpreise laut der Vermietungsplattform Immoscout24 seit 2014 um 25,1 Prozent gestiegen.

SPD und CSU bezeichnen das Gebiet als gute Wahl. Dort wohnten von reich bis arm alle Schichten in einer gewachsenen Struktur, präzisierte auch ÖDP-Fraktionssprecher Eberhard Ryba. Einzig FDP-Mann Axel Stoßno stimmte dem nicht zu. Neben "allgemeinen politischen Gründen", die dagegensprächen, sei die Maßnahme in Moosach kontraproduktiv, sagte er. In besagtem Gebiet seien zum Teil Wohngebäude, die irgendwann am Ende ihrer Lebensdauer angekommen und auch energetisch "nicht so toll" seien. Sinnvoller als eine Erhaltungssatzung wäre eine maßvolle Verdichtung, sagte Stoßno. Mit ihr könnten auch Leute mit mittleren Einkommen Eigentum erwerben. Das Problem von Luxussanierungen sehe er nicht. Armin Ziegler (SPD), Vorsitzender des Unterausschusses "Bau, Umwelt, Wirtschaft", widersprach. Es habe bereits Luxussanierungen gegeben, siehe Andernacher Straße, Seydlitzplatz, besagte Wohnanlage an der Hanauer Straße, zählte er auf. Zudem schließe ein Erhaltungssatzungsgebiet Sanierungen zum Erhalt der Bausubstanz ja nicht aus. Eine Erhaltungssatzung dort sei "für Moosach goldrichtig", bekräftigte Ziegler. "Es geht darum, die Mieter zu schützen, wo noch nichts umgewandelt ist." Die ÖDP stimmte dem zu, "vor allem aus sozialen Gründen", so Ryba. Wolfgang Jobst sprach von einem "wunderbaren Mittel", einem "Schwert, das die Stadt hat, aber nicht beliebig einsetzbar ist". Stoßno hielt dagegen: "Ein Vorkaufsrecht der Stadt schafft keine einzige neue Wohnung. Das geht nur über Verdichtung. Das Mittel ist für Moosach nicht geeignet." Ziegler konterte, dass es ja nicht nur um reine Wohnflächen gehe, sondern auch um den langfristigen Erhalt des Milieus. "Und wir brauchen die bezahlbaren", ergänzte SPD-Fraktionssprecherin Hannelore Schrimpf. Für den BA-Vorsitzenden Wolfgang Kuhn (SPD) ist der Schutz jedenfalls "deutlich erfüllt".

Das Planungsreferat hatte noch ein Gebiet westlich davon mit 3400 Wohnungen und fast 7000 Einwohnern geprüft. Doch dort sei die Verdrängung aufgrund der vielen Ein- und Zweifamilienhäusern, welche die Eigentümer meist selbst bewohnten, eher gering. Das letzte Wort hat noch der Planungsausschuss des Stadtrats.

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Quelle:
SZ vom 19.09.2018
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