Süddeutsche Zeitung

Wiedereröffnung der "Halle 2":Schätze aus dem Müll

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Von Jakob Wetzel

Es gibt viel zu entdecken in dieser Kaufhalle: Sofas stehen da, Kinderbetten und gebrauchte Skischuhe. Cross-Trainer, Uhren und Rollstühle sind im Angebot, für acht Euro gibt es ein kleines handgeschnitztes Kruzifix, für zwei Euro mehr eine silbern glänzende Frauenbüste. Die Kettensäge kostet 30 Euro, der Dudelsack 40. Und in einem der Regale steht eine ganze Palette Tassen mit dem Aufdruck "Münchner Christkindlmarkt 2012". Miteinander gemein haben all diese Dinge nur eins: Sie waren alle schon einmal im Müll.

An diesem Dienstag hat das Gebrauchtwarenkaufhaus "Halle 2" des städtischen Abfallwirtschaftsbetriebs AWM wieder eröffnet. In einer 800 Quadratmeter großen Halle an der Sachsenstraße 29 in Giesing steht ab sofort wieder zum Verkauf, was in den Wertstoffhöfen der Stadt entsorgt wurde, aber zumindest äußerlich noch gut erhalten ist. Vieles stamme etwa aus Wohnungsauflösungen, sagt eine Mitarbeiterin. Ob aber etwa eine Uhr wirklich noch funktioniere, das sei das Risiko des Käufers. Geöffnet ist dienstags bis freitags von 15 bis 18 Uhr und samstags von 9 bis 13 Uhr.

Neue Mitarbeiter und mehr Wechsel

Mit der Neueröffnung zieht der AWM einen vorläufigen Schlussstrich unter seinen Hehlerei-Skandal. Im März 2014 war bekannt geworden, dass einige Wertstoffhof-Mitarbeiter jahrelang Waren gestohlen und privat verkauft hatten. Die "Halle 2" wurde geschlossen. Elf Mitarbeitern habe man Verstöße nachweisen können, sagte Kommunalreferent und AWM-Werkleiter Axel Markwardt am Dienstag. Die Stellen seien neu besetzt worden. Jetzt würden unter anderem die Mitarbeiter häufiger die Einsatzorte wechseln, es gebe neue elektronische Schließanlagen, die Waren würden besser verpackt, und es gebe mehr Führungspersonal, um die Mitarbeiter besser beaufsichtigen zu können. Bei Verstößen werde der AWM konsequent reagieren, kündigte Markwardt an. "Aber wir sind guter Hoffnung, dass hier künftig einwandfrei gearbeitet wird."

Der Gebrauchtwarenhandel in der "Halle 2" existiert seit 2001. Verkauft wurden zuletzt jährlich etwa 170 000 Artikel, das entspreche einer halben Million Euro Einnahmen, die in den AWM-Haushalt fließen, sagte Markwardt. Entscheidend aber sei: Etwa 1000 Tonnen Abfall seien so jährlich vermieden worden. Das sei wichtig im Bemühen Münchens, eine Recyclingquote von 65 Prozent zu erreichen.

In der neuen "Halle 2" hat sich manches verändert: Es gibt keine Elektro-Kleingeräte mehr; die dafür künftig vorgeschriebene Sicherheits-Prüfung könne der AWM nicht leisten, sagte Markwardt. Neu ist eine Bastler-Ecke mit Werkzeugen und Bauteilen. Während der Schließung wurde die Halle zudem saniert. Trotzdem ist es eine Neueröffnung auf Zeit: Die 1945 errichtete Halle sei schwer heizbar und schlecht isoliert, sagte der zweite Werkleiter Helmut Schmidt. Der AWM verhandle derzeit über ein Gebäude im Münchner Norden; der Umzug soll in zwei Jahren folgen. Im neuen Haus lasse sich hoffentlich ein Café einrichten. Und die Bürger sollen ihre gebrauchten Gegenstände dort direkt an der Halle abgeben können.

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Quelle:
SZ vom 21.01.2015
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