Süddeutsche Zeitung

Umwelt:2018 ist ein Superjahr für Wespen

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Von Thomas Anlauf, München

Wespen lieben Schweinsbraten und Grillwürstel, besonders jetzt im Sommer. Der Nachwuchs muss mit möglichst proteinreicher Nahrung aufgepäppelt werden, süßes Obst interessiert die Hautflügler derzeit weniger. Wer sich in diesen Hitzetagen in einem schattigen Biergarten oder an der Isar abkühlen will, kann deshalb schon mal von lästigen Wespen umschwirrt werden. Von einem "Super-Wespenjahr", schwärmte kürzlich die Biologin Melanie von Orlow vom Naturschutzbund. Der Grund soll die kurze Schafskälte im Juni sowie die trockene und warme Witterung der vergangenen Wochen und Monate sein. Die Wespenstaaten konnten sich fast ungehindert vergrößern. Aber bedeutet das wirklich eine Wespenplage?

Zumindest bislang halten sich die Wespenattacken in München in Grenzen. "Die Kollegen vom Rettungsdienst haben noch keinen signifikanten Anstieg von Wespenstichen verzeichnet", sagt Peter Behrbohm vom Kreisverband München des Bayerischen Roten Kreuzes. Auch bei der Münchner Berufsfeuerwehr gibt es noch keine Alarmstufe Gelb. Am Montag wurden die Retter ein Mal zu einem Insekteneinsatz gerufen, am Sonntag und am vergangenen Donnerstag ebenfalls je einmal.

Dabei schauen die Feuerwehrleute zunächst, ob die Insekten überhaupt umgesiedelt werden müssen. Denn nahezu alle Wespenarten sind gesetzlich besonders geschützt, einzige Ausnahmen sind die Deutsche und die Gemeine Wespe, die auch als einzige Arten gezielt Biergärten und Kaffeetische ansteuern. Wenn Wespen direkt an einem Kinderzimmer oder einem Kindergarten ihr Nest haben oder in unmittelbarer Umgebung eines Allergikers herumschwirren, "würden wir eine Umsiedlung in Betracht ziehen", sagt Johann Petryszak von der Berufsfeuerwehr.

Die in München relativ selten vorkommenden Hornissen, die größten staatenbildenden Insekten Europas, werden im Ernstfall eingefangen und zur Feuerwache 6 nach Pasing gebracht, "dort dürfen sie bei uns wohnen", sagt Petryszak. Bienen hingegen bringen die Feuerwehrleute, wenn eine andere Abhilfe nicht möglich ist, zu Münchner Imkern. Denn meist handelt es sich dann um Jungvölker, die keinen eigenen Bienenstock haben. Im Mai und Juni dieses Jahres gab es relativ viele Bienenschwärme in den Bäumen. "Die fangen wir dann ein - die sind nämlich meist domestiziert und brauchen einen Stock", sagt der Feuerwehrsprecher.

Aber was ist mit den lästigen Wespen? "Tendenziell haben wir derzeit etwas mehr Wespen als üblich", meint Heinz Sedlmeier vom Landesbund für Vogelschutz. In der LBV-Geschäftsstelle würden in jüngster Zeit vermehrt Münchner anrufen, die Wespennester am Haus oder im Garten haben und wissen wollen, was zu tun ist. Häufig lautet der Rat der Naturschützer jedoch: abwarten und nichts tun. Denn im Oktober sterben die beiden lästigen Arten - die Gemeine und die Deutsche Wespe - ohnehin ab. Und im kommenden Jahr werden die Wespen laut Bund Naturschutz nicht im selben Nest nisten. Sie legen ihre Nester in dunklen Hohlräumen, Mauerspalten, Rolladenritzen und Holzstapeln an. Alle Wespenarten hingegen, die in frei hängenden Nestern an Hecken, Büschen oder im Geäst leben, sind besonders geschützt.

Wer aber von einer hartnäckigen Wespe beim Bier oder der Brotzeit gestört wird, sollte sich ruhig verhalten und nicht wild herumfuchteln. Das ist ohnehin besser bei der Hitze.

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Quelle:
SZ vom 07.08.2018
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