Süddeutsche Zeitung

Vollversammlung:Stadträte wählen Referenten - und einer Helene Fischer

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Von Heiner Effern

Vielleicht freut es die Sängerin Helene Fischer, dass ihr zumindest ein Münchner Stadtrat auch eine ganz andere Karriere zutraut. Bei der Wahl zur Bildungsreferentin erhält sie immerhin eine Stimme. Die Rathausmehrheit aus CSU und SPD freut das Atemlos-Votum ganz sicher.

Wenn Spaßvorschläge auf dem Niveau einer Klassensprecherwahl große Aufmerksamkeit genießen, zeigt das, wie reibungslos die Wahl der fünf neuen Stadtminister gelaufen ist. Ihre Kandidaten erhalten zwischen 49 und 51 Stimmen: sehr ordentliche Ergebnisse bei insgesamt 50 anwesenden Stadträten des Bündnisses, finden die Fraktionschefs von CSU und SPD, Hans Podiuk und Alexander Reissl.

Also werden nach jedem Wahlgang Blumensträuße verteilt in einer Anzahl, dass sich die Floristik-Branche kürzere Amtszeiten im Rathaus wünschen dürfte. Über einen ganzen Arm bunter Blüten freut sich besonders die künftige Bildungsreferentin Beatrix Zurek. Die bisherige SPD-Stadträtin erhält 51 Stimmen. Sie hat also zwingend mindestens einen Fan in der Opposition.

Wer die neuen Referenten sind

"Ich habe schon eine Ahnung, wer das sein könnte", sagt sie. Verraten will sie es aber nicht. Die Aufregung ist zu spüren, wenn sie von der Dimension ihres künftigen Hauses erzählt: 14 000 Mitarbeiter, ein Etat von 1,3 Milliarden Euro. "Das ist keine leichte Aufgabe, aber durch die Wahl heute spüre ich großen Rückhalt." Auch Fraktionschef Reissl traut ihr das Amt zu: "Wir haben keinen Zweifel daran, dass sie die anstehenden Mammutaufgaben wie die Schulbauoffensive kraftvoll, strukturiert und erfolgreich angehen wird."

Kein großes Aufhabens machen die Fraktionen um Baureferentin Rosemarie Hingerl (parteifrei) und Kämmerer Ernst Wolowicz (SPD). Beide sind anerkannte Fachleute, die mit exakt 50 Voten in ihren Ämtern bestätigt werden. Der künftige Chef des Kreisverwaltungsreferats, Thomas Böhle, erhält 49 Stimmen. "Anspruchsvoll und interessant" findet der jetzige Personalreferent seine neue Aufgabe. Zwischen all den Paragrafen sieht er politischen Spielraum, den er ausfüllen will. Gerade auch bei der Frage der ständigen Demonstrationen von Pegida. "Die Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut. Ich werde aber alle rechtlichen Mittel nutzen, dass sie nicht missbraucht wird."

Mit der größten Spannung ist das Ergebnis des einzigen CSU-Kandidaten erwartet worden: Alexander Dietrich, der Böhle als Personalreferent nachfolgen wird. Nicht etwa weil es Dietrich an Anerkennung oder Fachkenntnis fehlt, sondern wegen der Vorgeschichte der Referentenwahlen. Der erste Termin am 27. Januar war geplatzt, weil die CSU die Bestätigung von Sozialreferentin Brigitte Meier im Amt verweigerte.

Warum Meier zurückgezogen hatte

In den Tagen zuvor war bekannt geworden, dass in ihrem Haus ein Millionenbetrag fehlen könnte, weil Fristen bei der Abrechnung von Kosten für Flüchtlinge versäumt worden waren. Nach einer wochenlangen Hängepartie zog Meier ihre Kandidatur am 17. Februar zurück, weil die CSU ihr endgültig das Vertrauen entzog. Das löste bei manchen SPD-Stadträten Ärger und Wut aus. Ein mögliches Ventil wäre gewesen, den CSU-Kandidaten Dietrich mit einem schlechten Ergebnis abzustrafen.

Sollte es solche Gelüste gegeben haben, dürfte auch die Reihenfolge der Wahlen diese gebremst haben. Direkt nach Dietrich wird über die SPD-Stadträtin Zurek abgestimmt, ein Revanchefoul der CSU wäre bei diesem wichtigen Posten zu befürchten gewesen. Dietrich erhält 50 Stimmen und strahlt so erleichtert, dass er auch gerne so viele Blumen schleppt "wie noch nie in meinem Leben".

Podiuk freut sich, dass seine Partei "immer mehr an der Stadtregierung beteiligt ist". Er habe nicht damit gerechnet, dass sich die gespannte Stimmung der letzten Wochen im Ergebnis für Dietrich niederschlägt. "Die allermeisten Stadträte sind Profis. Auch wenn es Vorbehalte oder schlechte Stimmung bei einzelnen geben mag, jeder weiß, dass ein solches Ergebnis die Basis für die weitere Zusammenarbeit ist."

Für Dietrich rückt die Architektin Anja Burkhardt in den Stadtrat nach, für die SPD-Kollegin Zurek der Schatzmeister der Münchner SPD, Gerhard Mayer. Die ausgefallene Wahl der Sozialreferentin soll am 15. Juni nachgeholt werden.

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SZ vom 26.02.2016
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