Süddeutsche Zeitung

Langzeitbeobachtung:Wie sich Münchens Vogelwelt verändert

Lesezeit: 2 min

Bei der "Stunde der Wintervögel" an diesem Wochenende kann jedermann mitzählen. Erste Modifikationen aufgrund des Klimawandels zeichnen sich bereits ab.

Von Helen Geyer

Wer setzt sich schon im kalten Januar freiwillig für eine Stunde nach draußen in den Garten oder den Park - womöglich bei Wind oder Regen? Doch genau dazu rufen der Landesbund für Vogel- und Naturschutz Bayern (LBV) und der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) für das anstehende Wochenende auf.

Dann können sich Hobby-Ornithologen und solche, die es werden oder die Naturschutzbelange unterstützen wollen, an der "Stunde der Wintervögel" beteiligen. Ziel ist es, herauszufinden, welche Vögel sich bundesweit in den Städten und Dörfern aufhalten und wie sich die Vogelwelt durch den Klimawandel verändert.

Die Naturschutzorganisation baut mit ihrer Initiative auf das Engagement der Münchnerinnen und Münchner. "Je mehr Menschen teilnehmen, desto besser", heißt es in der Ankündigung. In München findet die Aktion bereits seit 2006 statt, im vergangenen Jahr beteiligten sich allein im Stadtgebiet etwa 1720 Personen.

Sophia Engel ist Ornithologin beim LBV in München und erklärt die Hintergründe: "Wir wollen erfahren, wie die Vogelwelt in der Stadt und am Land ist." Dabei gehe es den Organisatoren besonders um eine Langzeit-Beobachtung. Denn der Klimawandel wirke sich auch auf die heimischen Vögel aus. Durch die Zahlen der vergangenen Jahre sind bereits einige Trends zu erkennen. "Hausrotschwänze oder Stare überwintern normalerweise nicht hier", sagt Engel. Inzwischen würden diese Arten aber immer häufiger gemeldet. Auch sei eine Landflucht zu erkennen, das heißt, die Vögel vom Land kommen häufiger in die Städte.

"Die Vielfalt kann sich eher in der Stadt und den Gärten halten."

Das liegt der Ornithologin zufolge unter anderem daran, dass das Wetter in der Stadt milder sei und der Schnee kürzer am Boden liegenbleibe. Allerdings sei die Landschaft über die Jahre auch monotoner geworden. "Die Vielfalt kann sich eher in der Stadt und den Gärten halten", erklärt Engel.

Die derzeitigen Veränderungen lassen bisher noch keine belastbaren Vorhersagen zu. "Es ist ein Reallabor, das wir beobachten können", sagt Ornithologin Engel. Die Frage sei, inwieweit die Vögel, die den Winter nun auch in München verbringen, anpassungsfähig seien. Das heißt, ob sie die Nahrungsquellen so nutzen könnten wie "echte" Wintervögel oder ob sich dadurch eine Konkurrenz um Brutplätze ergebe. "Die Häufigkeitsverhältnisse werden sich ändern", prognostiziert Engel.

Die "Stunde der Wintervögel" läuft von Freitag, 5. Januar, bis Sonntag, 7. Januar. In diesem Zeitraum sind alle dazu aufgerufen, eine Stunde lang die Vögel in ihrem Garten oder vor ihrer Haustür zu zählen. Die Ergebnisse können dann telefonisch, per Post oder im Internet an den LBV gemeldet werden. Dort gibt es auch weitere Informationen und Bilder von den verschiedenen Vögeln, die das Zählen erleichtern sollen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.6327873
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.