Süddeutsche Zeitung

Über den Tellerrand:Es lebe der Grillteller

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Inzwischen gibt es nur noch ein rumänisches Restaurant in der Stadt: der Pschorr-Krug in Sendling, ein klassisches Vorstadtlokal.

Von Franz Kotteder

Die großen Zeiten der Balkanküche sind vorbei, und sie waren natürlich mit dem Begriff "Grillteller" verbunden. Der war wichtig in den Siebzigerjahren: Sogar Jahrhundertkoch Eckart Witzigmann verzweifelte anfangs fast im Tantris, weil viele Gäste einfach nur Steaks vom damals dort noch vorhandenen Grill wollten.

Nun war die rumänische Küche schon damals nicht besonders gut vertreten in der Stadt. Über Jahrzehnte hinweg gab es fast nur das Lokal Klein-Bukarest, in Thalkirchen und zuletzt in der Blumenau. Letztes Refugium aller Rumänien-Fans ist jetzt der Pschorr-Krug in der Oberländerstraße 32 (jeden dritten Samstag im Monat trifft man sich hier um 18 Uhr ganz offiziell). Es handelt sich im Grunde um ein klassisches Vorstadtlokal. Die Inneneinrichtung repräsentiert fast sämtliche Facetten einer Speisewirtschaft, vom Tresen in Weinfassform bis hin zu silberglänzenden Säulen und schmiedeeisern gefassten Separees. Die Dekoration umfasst Fotos von Ceaușescus megalomanem Palast in Bukarest ebenso wie kleine Porträts von Vlad, dem Pfähler, dem Vorbild für Graf Dracula. Beruhigend, dass Knoblauchdolden nicht zum Raumschmuck zählen.

Die Zahl der rumänischen Spezialitäten auf der Speisekarte ist nicht allzu groß, es gibt die Hackfleischklößchensuppe Ciorbă de perișoare und die Rindskuttelsuppe Ciorbă de burtă, immer mal wieder auch Krautwickel nach rumänischer Art mit viel Knoblauch. Außerdem Mititei, gegrillte Hackfleischröllchen, und recht gehaltvolle, geräucherte Schweinswurst. Beim, aufgepasst: "rumänischen Grillteller", ist neben diesen beiden auch noch Rinderleber und Schweinenackensteak dabei. Gegen den Knoblauch gibt's zur Rechnung noch ein After Eight. Hilft aber nicht viel.

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Quelle:
SZ vom 11.05.2019
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