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Verkehr:Reiter macht Pannen-U-Bahnen zur Chefsache

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Von Silke Lode

Gerade hat die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) einen Fahrgastrekord verkündet - dabei dürfte sie manchmal heimlich um jeden froh sein, der nicht einsteigt. Zumindest nicht in die U-Bahn, wo sich Störungen und Verspätungen häufen. Ein Ärgernis, das nicht nur die Fahrgäste umtreibt, sondern auch die SPD im Rathaus. "Wir haben deshalb den MVG-Chef zum Gespräch gebeten", berichtet Fraktionschef Alexander Reissl.

Bei dem Treffen mit Ingo Wortmann vor zwei Wochen habe sich herausgestellt, dass ausgerechnet die neuesten U-Bahnen, die sogenannten C2-Züge, für Probleme sorgen. "Bei einem neuen Fahrzeug erwartet man eine Verfügbarkeit von 97 bis 98 Prozent", sagt Reissl. Doch die MVG berichtet, dass im Herbst 2018 im Schnitt nur sieben bis acht von insgesamt 18 zugelassenen C2-Zügen im Einsatz waren. "Schuld waren oft technische Kinderkrankheiten", sagt MVG-Sprecher Matthias Korte: Defekte Türen, kaputte Stromabnehmer, unzuverlässige Brandmelder. Als Ersatz fahren dann ältere Züge, die erst recht störanfällig sind.

Inzwischen hat Oberbürgermeister Dieter Reiter die Pannen-Züge zur Chefsache gemacht und mehrmals mit Siemens-Chef Joe Kaeser telefoniert, wie Reissl berichtet. "Es geht nicht um Regressforderungen, sondern um den Wunsch, dass die Dinger fahren", betont Reissl. Siemens hat sein Team im der MVG-Werkstatt in Fröttmaning aufgestockt, dort sollen alle C2-Züge nach und nach in den nächsten Monaten ein technisches Update bekommen. Der erste Zug ist gerade an der Reihe. "Wir hoffen, dass etwa die neue Software hilft, dass die Züge insgesamt stabiler sind und weniger Fehler auftreten", sagt Korte.

Für Siemens sind die Probleme der C2-Züge nicht nur schlecht fürs Image, der Konzern muss zudem bangen, ob die Stadt weitere U-Bahnen dieses Typs bestellt. Eine erste Nachbestellung ist vereinbart, die ebenfalls avisierte zweite Nachbestellung aber noch offen: "Das wird man sich gut durch den Kopf gehen lassen müssen", sagt MVG-Sprecher Korte. Ärger machen die C2-Züge, seit sie im November 2013 vorgestellt wurden: Jede U-Bahn muss einzeln zugelassen werden, ein Prozess, der bis heute nicht abgeschlossen ist. Hinzu kommt, dass selbst geprüfte Züge nicht im ganzen Netz unterwegs sein dürfen, bislang sind nur die Strecken der U 3 und U 6 freigegeben. Hintergrund sind neue, strenge Anforderungen der technischen Aufsichtsbehörde, die zur Regierung von Oberbayern gehört. Sie fordert exakte theoretische Berechnungen, die zeigen, dass die neuen U-Bahnen nirgendwo anstoßen. Diese sogenannten Lichtraumprofile muss die MVG nun erstellen - das dauert Jahre.

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Quelle:
SZ vom 18.02.2019
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