Süddeutsche Zeitung

Tierschutz:Das Geschäft mit den Bettlerhunden

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Von Dominik Hutter

Hunde von Bettlern sollen künftig schärfer kontrolliert werden. Nach Beobachtungen des Kreisverwaltungsreferats (KVR) gibt es klare Hinweise darauf, dass die Tiere speziell als Bettel-Begleitung verliehen und somit ohne Genehmigung gewerbsmäßig zur Schau gestellt werden. Dies nährt den Verdacht auf "organisiertes und bandenmäßiges Betteln", das in der Altstadt sowie im Bahnhofsviertel untersagt ist. Die vor einigen Wochen von Tierschützern erhobenen Vorwürfe, Bettler stellten ihre Hunde mit Drogen ruhig, haben sich hingegen nicht bestätigt. Bei Kontrollen wurden bei keinem einzigen Hund Anzeichen für Betäubungsmittel entdeckt.

Prinzipiell verboten ist das Betteln mit Tieren nicht. Schon weil keinem Bedürftigen die Chance genommen werden darf, seinen Lebensunterhalt zu erbetteln - nur weil er keine Möglichkeit hat, den Hund untertags unterzubringen. Die Behörden können aber bei Verstößen gegen den Tierschutz oder eben bei gewerbsmäßigem Zurschaustellen eingreifen. Seit 2015 hat die "Task Force Tierschutz" des Veterinäramts 60 Bettlerhunde genauer unter die Lupe genommen und dabei nur eine Handvoll Verstöße gegen das Tierschutz- oder Tierseuchenrecht festgestellt.

Auffällig ist aber die Herkunft der Tiere. Die Auswertung des sogenannten Bettlerhundtagebuchs, in dem die Kontrollergebnisse festgehalten werden, hat ergeben, dass sämtlich darin verzeichneten Hunde einen slowakischen EU-Heimtierausweis haben. Zwei Drittel aller Erstimpfungen gehen zudem auf lediglich zwei slowakische Veterinäre zurück. Gleichzeitig stimmte der Name des im Ausweis angegebenen Tierhalters oftmals nicht mit dem des kontrollierten Bettlers überein - was laut KVR den Verdacht nahelegt, dass einzelne Hunde speziell zum Betteln verliehen werden und somit als Bettelinstrument dienen.

Um festzustellen, ob manche Hunde tatsächlich immer wieder den Besitzer wechseln, will die Task Force künftig auch die Personalien des Bettlers registrieren - notfalls mit Unterstützung der Polizei. Zudem soll der - allerdings nur aus zwei Leuten bestehende - Hunde-Kontrolldienst des KVR auch die Tiere von Bettlern regelmäßig begutachten. Das Betteln mit Tieren zu verbieten, wie es die CSU anregt, ist nach Einschätzung der Ordnungsbehörde rechtlich nicht möglich.

Grundsätzlich hat sich das Verbot, fordernd oder gar aggressiv im Innenstadtbereich zu betteln, bewährt, berichtet Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle. Schon kurz nach Inkrafttreten der sogenannten Allgemeinverfügung im August 2014 ist die Zahl der Verstöße um 60 Prozent zurückgegangen und verharrt seitdem auf niedrigem Niveau. Seit August 2014 hat die Polizei gut 1000 aktiv auftretende Bettler in der Altstadt und im Bahnhofsviertel erwischt. Stilles Betteln, also etwa mit Hut am Straßenrand, ist aber weiterhin erlaubt. Komplette Bettelverbote gibt es lediglich in der Fußgängerzone, im Stachus-Untergeschoss, in städtischen Marktbereichen, auf der Wiesn sowie in Grünanlagen.

Neben der Innenstadt wird auch zunehmend in anderen Stadtteilen gebettelt

Dass das Verbot aggressiven Bettelns so gut greift, führt Böhle auf die Konsequenzen für die Erwischten zurück: Sie müssen den kompletten Gültigkeitsbereich der Allgemeinverfügung verlassen, also Altstadt plus Bahnhofsviertel. Bei "normalen" polizeilichen Platzverweisen ist nur ein vergleichsweise kleiner Bereich tabu.

Angesichts der Erfahrungen will Böhle zwar die weitere Entwicklung beobachten, sieht derzeit aber keinen Anlass, das Verbot aggressiven Bettelns auf weitere Straßenzüge auszudehnen. Allerdings werde zunehmend neben der Innenstadt auch in anderen Stadtteilen gebettelt - was wohl nicht zuletzt auf die Allgemeinverfügung zurückzuführen ist. 2016 hat die Polizei in den äußeren Stadtvierteln 112 sogenannte Bettelvorfälle festgestellt und beim KVR angezeigt. Die meisten davon passierten am Pasinger Bahnhof oder am Zentralen Omnibusbahnhof an der Hackerbrücke. Was bedeutet: In Pasing gibt es zwei bis drei Vorfälle pro Monat. Das hält das KVR nicht für bedenklich.

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Quelle:
SZ vom 13.12.2016
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