Süddeutsche Zeitung

Tarifkonflikt:Streit nach dem Streik

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OB Reiter wiederholt im Stadtrat seine Kritik am Ausstand in den Kitas und Kliniken

In einer aktuellen Stunde zum Streik im öffentlichen Dienst Anfang der Woche griff Stefan Jagel, Fraktionschef der Linken/Die Partei, vor allem Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) an. In einer von seiner Fraktion beantragten aktuellen Stunde im Stadtrat rügte er das "nicht sehr ausgeprägte Kurzzeitgedächtnis" der Streik-Kritiker. Zuerst würden die Mitarbeiter in Kitas, Krankenhaus und im Nahverkehr während der Pandemie als Heldinnen und Helden der Arbeit gefeiert, dann aber "beschimpft", wenn sie dafür auch so viel verdienen wollten, dass sie in der Stadt auch leben könnten. Wertschätzung und Klatschen reichten da nicht.

Oberbürgermeister Reiter, der den Streik in der Corona-Pandemie im Vorfeld "verantwortungslos" genannt hatte und damit den Zorn vieler Beschäftigter im öffentlichen Dienst auf sich gezogen hatte, nahm nichts zurück. Er sei seit mehr als 40 Jahren Mitglied bei Verdi, und er habe weder die Beschäftigten selbst noch deren finanzielle Forderung von 4,8 Prozent oder mindestens 150 Euro mehr Lohn verurteilt, sondern die Strategie der Gewerkschaft, sagte er. In einer solchen Gesundheitskrise seien Streiks in Kitas und Krankenhäuser "das falsche Signal. Das darf ich laut sagen und werde es weiterhin tun", sagte er. Den Eltern sei in den letzten Monaten schon sehr viel zugemutet worden, da hätte die Gewerkschaft Verdi "auch andere Schwerpunkte setzen können".

Grüne und CSU erklärten, sich aus dem Tarifkampf heraushalten zu wollen. Die Bilder knallvoller S-Bahnen seien aber nicht schön gewesen, sagte Grünen Fraktions-Vize Dominik Krause. Da U-Bahnen am Dienstag gar nicht und Tram sowie Busse nur sehr eingeschränkt fuhren, wichen viele Fahrgäste dorthin aus. CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl sagte, er sei sicher nicht der Verteidiger des Oberbürgermeisters, gab ihn dann aber doch. Schließlich hatte noch das alte schwarz-rote Bündnis allen städtischen Beschäftigten eine erhöhte München-Zulage und einen MVV-Zuschuss gewährt. In der größten Haushaltskrise nach dem Zweiten Weltkrieg müssten Lohnforderungen maßvoll sein, sagte er. Sollten einzelne Gruppen noch zu wenig bedacht worden sein, müsse man darüber sprechen. Allein die 4,8 Prozent mehr Lohn würden die Stadt jedes Jahr 44 Millionen Euro kosten, rechnete Personalreferent Alexander Dietrich (CSU) vor.

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SZ vom 01.10.2020 / heff
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