Süddeutsche Zeitung

Szene-Kolumne:Reif für die WG-Party

Irgendwann ist man so alt, dass man auf keine WG-Party mehr eingeladen wird. Dann wird es Zeit für eine dieser offiziellen WG-Gesucht-Partys - hier treffen sich Vertreter jeder Generation.

Florian Fuchs

Es gibt markante Punkte auf dem Weg zu einer gewissen Reife im Leben, der 16. Geburtstag ist so einer. Von da an darf man auch offiziell Alkohol an der Tanke kaufen, und nur wenig leistet mehr Beitrag zu einer gewissen Reife als eine selbstgekaufte Halbe.

Noch besser ist dann der 18. Geburtstag, an dem man den gefälschten Ausweis zerreißt, dem verdutzten Türsteher plötzlich seinen richtigen Namen nennt und völlig problemlos in den Club marschiert. Das, so denkt man, ist der Moment, in dem der Spaß richtig losgeht.

Das Problem ist bloß, dass die Reife irgendwann überhand nimmt, und das ist dann einer dieser markanten Punkte im Leben, die man nie erleben wollte: Es ist der Moment, an dem man plötzlich auf keine WG-Partys mehr eingeladen wird. Dabei war das alles so lustig: Der Anti-Alkoholiker, der am Ende trotzdem unter dem Couchtisch lag. Das Mauerblümchen, das seine Unterwäsche nie wiederfand. Und die Raucher, die den Balkon vom Nachbarn zuaschten.

Das alles ist vorbei, wenn alle nur noch eigene Wohnungen haben, weil da niemand auf den Flokati aus Lammfell sabbern soll und das Landhausparkett doch nicht so rustikal ist wie gedacht. Um das WG-Partyfeeling dann noch zu erleben, bleibt nur der Besuch einer dieser offiziellen WG-Gesucht-Partys. Da treffen sich Studenten, die WG-Zimmer zu vergeben haben, mit Studenten, die WG-Zimmer suchen, um sich locker kennen zu lernen.

Das Schöne daran ist: das Mauerblümchen, die Raucher und die Anti-Alkoholiker - die gibt es wirklich in jeder Generation!

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Quelle:
SZ vom 10.02.2012
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